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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 67

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
37. Aus dem bayerischen Alpengebirg. 67 so ist; denn der unparteiische Richter wird immerhin das Halleiner Salzbergwerk dem Berchtesgadener voran stellen. Nachdem man mich auf der Schreib- stube des Bergmeisters in Bergmannshabit gehüllt, mir ein Grubenlicht in die Linke und einen dicken bocksledernen Handschuh in die Rechte gegeben hatte, folgte ich dem Hutmann, der mich in die Unterwelt führen sollte, und zwar etwas schüchtern und zag- haft, denn es war das erstemal in meinem Leben, daß ich ein Bergwerk befuhr. Der 870 Fuß lange Stollen ist mit dem schön- sten röthlichen Marmor in eirunder Form so hoch gewölbt, daß ein nicht allzulanger Mann aufrecht stehen und bequem darin gehen kann. Bald erreichten wir eines von den großen Senkwerken. So nennt man da eine große, in Form eines Vierecks in den Salzfelsen eingehauene Höhlung, in welche viele kreuz- weis durcheinander laufenden Gänge ein- münden. In diese Gänge, die anfangs nur klein von Umfang sind, wird von außen durch Röhren süßes Wasser geleitet, wodurch das Steinsalz losgefressen und aufgelös't wird. Die so gewonnene Soole wird als gesättigt angesehen, sobald sie 26° erreicht hat. Alsdann fließt ste wieder zu Tage und wird durch eiserne Röhren nach dem etwa vier Stunden entfernten Reichenhall geleitet und dort zur Salzgewinnung ver- sotten. Endlich stand ich am Rande eines schauer- lichen Abgrundes, dessen Tiefe in undurch- dringliches Dunkel gehüllt war. In die Tiefe hinab führten zwei rundliche, parallel laufende Balken. Auf diese mußte ich mich setzen, mit der Linken das Licht haltend, mit der behandschuhten Rechten das Seil fassend, welches längs des einen Balkens hinablief. „Halten's nur hübsch das Seil fest," sprach der Mann zu mir, und mit einem „Fahr wohl!" fuhr ich darauf, indem ich das Seil etwas locker hielt, mit Blitzes- schnelle, wie auf den Fittigen des Stein- adlers, hinunter in die schwarze Tiefe, daß mir die Haare pfiffen. Das nennen sie die Rutschbahn, und ich muß gestehen, sie verdient meinen ganzen Beifall. Nachdem ich noch ein anderes Werk, überhaupt alles von Wichtigkeit in Augen- schein genommen, bereiteten wir uns zur Rückfahrt. Wir benützten ein kleines auf Schienen fahrendes und zum Sitzen bequem bepolstertes Rollwägelchen und fuhren erst langsam und dann immer schneller und schneller der Ausfahrt zu. Wie ein kleines, funkelndes Sternlein aus blauer Himmels- serne winkte der Eingang des Stollens ent- gegen, so klein schien seine Oeffnnng zu sein. Diese wurde immer größer und größer, je mehr wir uns ihr näherten. Endlich war die kurze Täuschung vorbei und ich stand wieder am Anfang und zugleich am Ende meiner kurzen, aber anziehenden un- terirdischen Wanderung. Recht wohl that mir wieder der erwär- mende Strahl der Nachmittagssonne, als ich aus dem kühlen Gewölbe heraustrat. Ii. Bald darauf wanderte ich zu dem be- rühmten Kö ui gssee, wohin es von Berch- tesgaden aus etwas über eine Stunde ist. Her Weg dahin ist schattig und angenehm und führt an einsamen Mühlen und Ka- pellen vorüber. Die letzte Strecke des Weges geht durch ein Wäldchen und aus diesem tretend, steht man mit einemmale an den Ufern des herrlichen See's, der seinen Na- men mit vollem Rechte trägt. Wer beschreibt aber die Pracht des Kö- nigssee's und das hohe Vergnügen einer Fahrt auf demselben? Wie ein ungeheurer Smaragd, ein köstlicher Edelstein in der Gebirgskrone des lieben Vaterlandes, liegt der etwa zwei Stunden in der Länge und 1/t Stunde in der Breite messende See vor den überraschten Augen des Beschauers. Den Rahmen dieses prächtigen Edelsteines bilden die himmelhohen, fast senkrechten Fels- wände der Stahlwand, des Fagsteins und des Watzmanns, dessen in ewigem Schnee gehüllter, mit einem Kreuze geschmückter Gipfel so ernst herunterschaut. Im Süden liegen die beschneiten Zacken des steiner- nen M e e r e s und im Osten winkt die gewaltige Masse des hohen Göll. Ufer hat der See eigentlich gar keine; er ist eine gewaltig tiefe, romantisch gestaltete Kluft, angefüllt mit einem stillen, fast papagei- grünen Gletscherwasser. Viele tausend Fuß hoch stürzen die Riesenhäupter ohne Ufer- rand ab in den See, bis über die Mitte der Höhe hinauf mit Laub- und Nadel- waldung bewachsen. Rechts und links stürzen Waldbäche von den hohen, marmornen Wänden in die tiefe Stille herab. Darunter 2400 Fuß hoch mit lautem Brausen der Königsbach. Der schönste dieser Wasserstürze ist der so- genannte K e s s e l f a l l in einer nun zugäng- lich gemachten Felsenspalte. Unweit davon überraschte uns ein Donnerwetter ohne Regen; es rührte jedoch nur vom Abfeuern einer Pistole her; aber es war ein grau- senerregender Schlag mit einem nachfolgen- den, mächtig brüllenden Donner, der sich von Wand zu Wand forttrug, bis er sich 5 *
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