Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 72

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
72 Ii. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde. wurde Otto wider Heinrich beim Kaiser Friedrich klagbar; allein dieser bestätigte des Letzteren Unternehmen. Zu größerer Be- deutung gelangte München, als nach der Theilung des Landes in Ober- und Nie- derbayern 1255 Ludwig der Strenge seine Residenz hierher verlegte. Kaiser Ludwig der Bayer war München zum Dank für die Treue seiner Bewohner be- sonders zugethan und stets bestrebt, es groß und reich zu machen. Zwar trat bald dar- aus in Folge der Landestheilungen und der vielfachen innern Unruhen einiger Stillstand im Wachsthums der Stadt ein; aber als dieselbe wieder Hauptstadt der vereinigten Gebiete geworden, erhielt sie neue Zierden und mehrfache Erweiterungen. Herzog Si- gismund legte im Jahre 1468 den Grund- stein zur Frauenkirche. Albrechts. grün- dete die Hofbibliothek, Schatzkammer, Ge- mäldegallerie, das Münzkabinet, den Anti- kensaal und legte so den Grund zu jenen Sammlungen, welche unter König Ludwig I. zu großartigster Entfaltung gebracht wur- den. Herzog Wilhelm V. erbaute 1583 die prachtvolle St. Michaelskirche und für sich eine Burg, jetzt Maxburg genannt; Kurfürst Maximilian I. schmückte die Brunnen mit Statuen, den Marktplatz mit der schönen Mariensäule, die Frauenkirche mit Kaiser Ludwig's Grabmal; er baute das Joseph's - ^und Herzogsspital und die neue Burg odevfeste in der Residenzstraße. Kurfürst Ferdinand Maria ließ die Theatinerkirche, Maximilian Iii. ein präch- tiges Opernhaus bauen; unter Karl Theo- dor entstand der englische Garten, die Wälle wurden theilweise niedergerissen und viele neue Gebäude errichtet; auch unter König Max Joseph I. erfuhr die Stadt namhafte Vergrößerung, und so war aus dem unansehnlichen Dorfe eine stattliche Residenz mit 40,000 Einwohnern entstan- den. Staunenswerth aber ist das Wachsen und Aufblühen der Stadt seit dem Regie- rungsantritte Ludwig's I. — Jetzt zählt München nahe an 170,000 Einwohner, also viermal so viel, als vor 50 Jahren. Ein Münchener aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts würde seine Stadt kaum wie- der kennen. Wo sonst Wälle und Gräben und düstere Festungsmauern die Stadt um- starrten, breiten sich große freie Plätze aus, von denen geräumige, luftige Straßen nach allen Seiten auslaufen; wo ehedem öde, mit magerm Gras und Ginster bewachsene Heide sich hinzog, stehen nun erhabene Tempel, prachtvolle Thore, prunkende Pa- läste, dazwischen eherne Denkmale, umfrie- det von zierlichen Anlagen. Das jetzige München braucht sich vor keiner Residenz Deutschlands, ja Europa's in Schatten stellen zu lassen; es ist eine Stadt, würdig eines Königssitzes. Wenn du, junger Leser, einmal nach München kommst, dann rathe ich dir, vor Allem den Petersthurm nächst der Frauen- kirche zu besteigen, auf dem sich die städtische Feuerwache befindet. Hier liegt das Häu- sermeer zu deinen Füßen ausgebreitet und die geschäftigen Menschen in den Straßen kommen dir wie wimmelnde Ameisen vor. Von diesem Thurme aus kannst du dir den Plan der Stadt zurecht legen und leicht wirst du dir dann das Netz der zahlreichen Straßen und Gassen zu entwirren vermö- gen. Und noch eine interessante Belehrung lohnt dir die Mühe des Besteigens. Der Thurmwächter zeigt dir die sinnreiche Ein- richtung am Rande des Thurmes, an wel- cher er, wenn auf weitem Umkreise ein Brand sichtbar wird, bestimmt angeben kann, in welchem Orte derselbe ausgebrochen, und ebenso erklärt er dir, in welcher Weise der Thurm oben mit den verschiedenen Wacht- lokalen unten in der Stadt in Verbindung steht, und wie man genau signalisiren kann, in welcher Straße, ja selbst in welchem Hause Feuersgefahr sei. Meine jungen Leser werden es mir er- lassen, alle Sehenswürdigkeiten der Stadt zu beschreiben. Das würde viel zu viel Raum beanspruchen; auch läßt sich das mit Worten nicht so recht schildern, man muß es mit eigenen Augen sehen und bewundern. Und wahrlich, des Schönen, Bewunderns- werthen bietet München so viel, daß man wenigstens acht Tage bedarf, um nur das Merkwürdigste zu betrachten. — Der Ein- druck , den München hervorruft, ist ein wahrhaft großartiger. Sind auch die Stra- ßen der alten Stadt meist eng und winklig, und geben ihnen die hohen Giebeldächer ein ziemlich alterthümliches Aussehen, so erregen doch die prachtvollen Läden und Auslagen, ausgestattet mit allen Gegen- ständen der Kunst und des Luxus, unser Staunen. Hier hauptsächlich pulsirt der le- bendige'verkehr Münchens; hier drängen sich auf den Fahrstraßen Equipagen aller Art, auf den Trottoirs Menschen aus allen Gegenden Bayerns, ja Deutschlands; denn der Fremdenzufluß in München ist ein außerordentlicher und beläuft sich an man- chen Tagen auf mehrere Tausende. — An den Kern des alten Münchens hat sich mit allem Reichthums architektonischer Schönheit das neue in anscheinend natürlicher und doch überaus künstlerischer Weise angeschlos- sen. Man kann nicht leicht durch hellere,
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer