1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
73. Palästina.
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meinden wohnen, ist er ein gefeierter
Name, an den die heiligsten Erinnerun-
gen, Gefühle, Gedallken und Ueberzeu-
gungen für das gläubige Gemüth ge-
knüpft sind. Ja, soweit heidnische Völ-
ker über den Erdball verbreitet sind, so
weit dringt er auch heute schon vor,
wird dort immer einheimischer werden
und die Augen der Menschen dereinst >
auf jenes wunderbare Land der höchsten I
Offenbarung Hinweisen.
Auch die Israeliten, die zer-
streuten und verstoßenen Kinder Palä-
stinas, denen nur die Offenbarung des
Gesetzes auf jenem Boden zu Theil
wurde, während ihnen die Erfüllung
verschleiert oder verborgen blieb, sind
doch auch an ihn mit ihrem ganzen
altgläubigen Jdeenkreise gefesselt, ge-
fesselt durch die Patriarchenzeit, durch
ihren Landesgott Jehovah, durch den
einen Tempel auf Moriah, durch die
Glanzperiode der Richter, Propheten,
Gesetzgeber, Sänger, Könige, ja selbst
durch das Geschick ihres Volkes, durch
seinen furchtbaren Sturz und die darauf
folgende Zerstreuung. Darum wandern
noch heute alljährlich viele Hunderte des
jüdischen Volkes nach diesem Lande ihrer
Väter zurück, um dort nach so manchen
unruhigen Lebensschicksalen eine ruhige
Grabesstätte zu suchen.
Selbst ihre und der Christen Drän-
ger, die heutigen muhamedanischen
Gebieter des Landes, theilen dieses
fromme Verlangen. Auch ihnen ist
nächst ihres Propheten Heimat Palästina
das heiligste Land der Erde; Jerusalem
nennen sie vorzugsweise „el Kods",
richtiger „el Guds" die heilige Stadt,
und die Wallfahrt zum Haaram, d. i.
zur Moschee, welche der Khalif Omar
an der Stelle des Salomonischen Tem-
pels errichtete, ist nächst der Pilgerfahrt
nach Mekka, die verdienstliche Wallfahrt
für jeden Diener des Koran.
Das Reich der Wahrheit wie des
Irrthums der Völker nahm in seinen
historischen Entfaltungen und Erschei-
nungen auf jener eng umschriebenen
Stelle unseres Planeten eine gewisse
irdische Gestalt an; diese wurde durch
den Himmel und den Boden bedingt, die
ihnen zum Gezelt und zur Fußbank dienten.
Palästina war von Anfang an ein
abgesondertes Land, wie Israel ein ab-
gesondertes Volk, und darum sind beide
Jahrtausende hindurch so unverständlich
für Andere geblieben. Keine große Ver-
kehrsstraße führte hindurch von Volk
zu Volk, alle gingen an seinen Landes-
grenzen zur Seite vorüber, gleichwie die
Seewege sein An Anfurten armes Ge-
stade mieden. Obwohl in die Mitte
der Hauptmassen des alten Contincnts
und in nächste Berührung mit den be-
kannten drei Erdtheilen gestellt und dicht
umgeben von den glänzendsten Cultur-
völkern des Alterthums: den Babylo-
niern, Assyriern, Medern, Persern, Phö-
niziern und Aegyptern, blieb das israe-
litische Volk, wie kein anderes der alten
Zeit, durch die Natur seines Landes
von all den genannten Völkern abge-
sondert, um im Gegensatze mit dem
Polytheismus der alten Welt den nur
ihm eigenen Monotheismus behaupten,
seine Selbständigkeit bewahren und die
größte Frucht für die Nachwelt zur Reife
bringen zu können. Im Westen vom
mittelländischen Wassermeere, im Osten
vom syrisch-arabischen Sandmeere be-
grenzt, war Palästina abgeschlossen vom
^ Occident wie vom Orient und es ver-
mochte so ungefährdet von Außen seine
eigenthümliche Cultur zu entwickeln. Es
waren die Vormauern und Umwallun-
gen des Jordan und der Schluchten des
todten Meeres zurückschreckend selbst für
die Horden des dahinter liegenden wü-
sten Morgenlandes, und Jahrtausende
hindurch haben sie in der That die
Söhne der Wüste zur Seite abgelenkt.
Aber dennoch war Palästina, das ver-
heißene Land, so gelegen zwischen den
Ländern und den von allen Seiten her
tief in diese einschneidenden Golfe und
Wasserstraßen der Meere, daß für die
Zeit der Erfüllung von dieser gemein-
samen Glaubensmitte aus doch die Bah-
nen für die Sendboten des Evangeliums
nach allen Weltgegenden und zu allen
Völkern der Heiden vorbereitet erscheinen.
Läßt sich in solchen Hauptmomenten,
welche auf den Entwicklungsgang der
Völkerschicksale für Jahrtausende von
entscheidendem Einflüsse waren, eine
höhere Anordnung wohl verkennen?