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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 155

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
73. Palästina. 155 meinden wohnen, ist er ein gefeierter Name, an den die heiligsten Erinnerun- gen, Gefühle, Gedallken und Ueberzeu- gungen für das gläubige Gemüth ge- knüpft sind. Ja, soweit heidnische Völ- ker über den Erdball verbreitet sind, so weit dringt er auch heute schon vor, wird dort immer einheimischer werden und die Augen der Menschen dereinst > auf jenes wunderbare Land der höchsten I Offenbarung Hinweisen. Auch die Israeliten, die zer- streuten und verstoßenen Kinder Palä- stinas, denen nur die Offenbarung des Gesetzes auf jenem Boden zu Theil wurde, während ihnen die Erfüllung verschleiert oder verborgen blieb, sind doch auch an ihn mit ihrem ganzen altgläubigen Jdeenkreise gefesselt, ge- fesselt durch die Patriarchenzeit, durch ihren Landesgott Jehovah, durch den einen Tempel auf Moriah, durch die Glanzperiode der Richter, Propheten, Gesetzgeber, Sänger, Könige, ja selbst durch das Geschick ihres Volkes, durch seinen furchtbaren Sturz und die darauf folgende Zerstreuung. Darum wandern noch heute alljährlich viele Hunderte des jüdischen Volkes nach diesem Lande ihrer Väter zurück, um dort nach so manchen unruhigen Lebensschicksalen eine ruhige Grabesstätte zu suchen. Selbst ihre und der Christen Drän- ger, die heutigen muhamedanischen Gebieter des Landes, theilen dieses fromme Verlangen. Auch ihnen ist nächst ihres Propheten Heimat Palästina das heiligste Land der Erde; Jerusalem nennen sie vorzugsweise „el Kods", richtiger „el Guds" die heilige Stadt, und die Wallfahrt zum Haaram, d. i. zur Moschee, welche der Khalif Omar an der Stelle des Salomonischen Tem- pels errichtete, ist nächst der Pilgerfahrt nach Mekka, die verdienstliche Wallfahrt für jeden Diener des Koran. Das Reich der Wahrheit wie des Irrthums der Völker nahm in seinen historischen Entfaltungen und Erschei- nungen auf jener eng umschriebenen Stelle unseres Planeten eine gewisse irdische Gestalt an; diese wurde durch den Himmel und den Boden bedingt, die ihnen zum Gezelt und zur Fußbank dienten. Palästina war von Anfang an ein abgesondertes Land, wie Israel ein ab- gesondertes Volk, und darum sind beide Jahrtausende hindurch so unverständlich für Andere geblieben. Keine große Ver- kehrsstraße führte hindurch von Volk zu Volk, alle gingen an seinen Landes- grenzen zur Seite vorüber, gleichwie die Seewege sein An Anfurten armes Ge- stade mieden. Obwohl in die Mitte der Hauptmassen des alten Contincnts und in nächste Berührung mit den be- kannten drei Erdtheilen gestellt und dicht umgeben von den glänzendsten Cultur- völkern des Alterthums: den Babylo- niern, Assyriern, Medern, Persern, Phö- niziern und Aegyptern, blieb das israe- litische Volk, wie kein anderes der alten Zeit, durch die Natur seines Landes von all den genannten Völkern abge- sondert, um im Gegensatze mit dem Polytheismus der alten Welt den nur ihm eigenen Monotheismus behaupten, seine Selbständigkeit bewahren und die größte Frucht für die Nachwelt zur Reife bringen zu können. Im Westen vom mittelländischen Wassermeere, im Osten vom syrisch-arabischen Sandmeere be- grenzt, war Palästina abgeschlossen vom ^ Occident wie vom Orient und es ver- mochte so ungefährdet von Außen seine eigenthümliche Cultur zu entwickeln. Es waren die Vormauern und Umwallun- gen des Jordan und der Schluchten des todten Meeres zurückschreckend selbst für die Horden des dahinter liegenden wü- sten Morgenlandes, und Jahrtausende hindurch haben sie in der That die Söhne der Wüste zur Seite abgelenkt. Aber dennoch war Palästina, das ver- heißene Land, so gelegen zwischen den Ländern und den von allen Seiten her tief in diese einschneidenden Golfe und Wasserstraßen der Meere, daß für die Zeit der Erfüllung von dieser gemein- samen Glaubensmitte aus doch die Bah- nen für die Sendboten des Evangeliums nach allen Weltgegenden und zu allen Völkern der Heiden vorbereitet erscheinen. Läßt sich in solchen Hauptmomenten, welche auf den Entwicklungsgang der Völkerschicksale für Jahrtausende von entscheidendem Einflüsse waren, eine höhere Anordnung wohl verkennen?
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