1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
80. Afrika.
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denn seine natürlichen Verhältnisse sind
wenig geeignet, die Völkerentwicklung zu
fördern. Alles in diesem Erdtheil trägt
den Charakter der größten Ein-
förmigkeit an sich. Der einförmigen
horizontalen Bildung wurde schon ge-
dacht ; nicht minder einförmig ist die
vertikale Gliederung: im Süden ein
großes Hochland, im Norden ein aus-
gedehntes Flachland, dessen größerer
Theil zur Wüste ausgebrannt ist. Am
auffälligsten aber ist die Einförmigkeit
des nicht nur die Gestaltung der Pflan-
zen- und Thierwelt, sondern ebenso
auch die Entwicklung des Völkerlebens
bedingenden Klimas. Bei weitem der
größte Theil Afrikas, vier Fünftel sei-
ner Fläche, liegt in der Tropenzone,
und die schon durch diese Lage bedingte
hohe Temperatur der Atmosphäre wird
noch gesteigert durch die geringe Be-
rührung des Continents mit dem Ocean,
durch die starke Wärmestrahlung der
vegetationslosen Ebenen und durch den
Mangel an continentaler Bewässerung.
Da aber gerade unter der Gluth der
Tropensonne der Mensch in Erschlaffung
und Geistesstumpfheil sinkt, so erklärt
es sich leicht, daß Afrikas Völkerschaften
fast durchgehends im Zustande der Bar-
harei verblieben sind. Drei Viertheile
der Bevölkerung gehören dem am we-
nigsten bildungsfähigen Negerstamme an,
und die Mehrzahl derselben lebt noch
im Heidenthume mit sehr verschiedenen
Abstufungen der religiösen Begriffe;
selbst an Fetischanbetern fehlt es nicht,
und die Kaffern scheinen gar ohne alle
Religion zu sein. Das Christenthum
hat ungeachtet der Bemühungen sowohl
katholischer als protestantischer Missio-
näre noch sehr wenig Eingang bei den
afrikanischen Völkern gefunden; dagegen
hat der mehr sinnliche und die Viel-
weiberei wie Sklaverei gestattende Mu-
hamedanismus in letzter Zeit sehr große
Fortschritte gemacht. Auf gleich nied-
riger Stufe stehen die Völkerschaften
Afrikas in gesellschaftlicher und politi-
scher Beziehung. Zwar bestehen eini-
germaßen geordnete Staaten im Nor-
den des Erdtheils; in der Mitte aber
und im Süden herrschen Häuptlinge mit
völlig despotischer Gewalt über größere
oder kleinere Gebiete; da gilt der Wille,
ja die bloße Laune des Herrschers als ein-
ziges Gesetz, und er ist unbedingt Herr
über Leben und Gut seiner Unterthanen.
In umgekehrtem Verhältnisse mit
der Entwicklung des Menschengeschlechtes
steht in Afrika die Entfaltung des Pflan-
zen- und Thierlebens. Hier erhebt der
Boob oder Affenbrodbaum, der „Ele-
phant der Gewächse", auf einem Stamme
von 80—82 Fuß Umfang seine Krone,
die oft einen Durchmesser von 130 Fuß
erreicht; riesige Schlingpflanzen winden
sich um die verschiedensten Arten von
Palmen; neben dem riesigen Drachen-
blutbaum strebt der Seidenbaumwollen-
baum in die Lüfte; das edelste Farbe-
kraut, der Indigo, hat hier seine Hei-
mat ; es gedeihen Feigen, Melonen und
Ananas, Zuckerrohr und Kaffee; bei
geringer Mühe des Anbaues liefern
reichliche Nahrung der Pisang und die
Banane, die Yamswurzel, der Maniok,
die Erdpistazie und die Batate; eben
so die mehlreichen Gräser, Reis, Mais,
Mohren- und Durrahirse. Eine glän-
zende Blüthenpracht entfalten die vielen
Arten von Eriken und silberfarbenen
Proteen, dazwischen verschiedene Lilien-
gewächse und andere tropische Pflanzen
mit glühenden Farben und zum Theil
mit herrlichem Duft.
Die Thierwelt ist in Afrika mit
ihren riesigsten Gattungen vertreten: in
Flüssen und Sümpfen tummeln sich
mächtige Hippopotamen und Crocodile,
an lichten Stellen weiden Elephanten,
in den Urwäldern Jnnerafrikas haus't
der Riese des Affengeschlechtes, der Go-
rilla; in der Wüste hat der Strauß
seine Heimat; der Löwe herrscht von
der Berberei bis zum Cap; Leoparden
und Panther, Hyänen und Schakale
stellen den flüchtigen Gazellen und zier-
lichen Antilopen nach; in Afrika finden wir
die seltsam gestaltete Giraffe, das Zebra,
das Gnu und den Büffel, endlich das
Schaf mit dem plumpen Fettschwanz.
Dem Menschen dienstbar sind das edle
Berberroß und das Dromedar, das
Schiff der Wüste. Im Norden Afrika's
überwintern unsere meisten Zugvögel,
insbesondere unser Hausfreund, der
Storch, der auch bei Arabern und Mau-