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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 179

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
83. Sklaverei, Sklavenjagd und Sklavenhandel in Afrika. 179 vor Müdigkeit. Er sieht nicht jene sich im Dunkel der Nacht leise, wie schlei- chende Katzen herannahenden, dem Auge kaum wahrnehmbaren schwarzen Män- ner, und doch kriechen sie schon dicht vor ihm auf dem Bauche, unhörbar, an den Wall heran. Endlich bemerkt er sie. „Hilf uns, o Herr! die Neger!" Weiter sagt er nichts: eine Lanze hat ihm die Brust durchbohrt. Vor der Serieba erheben sich Tausende schwarzer Männer, ein heulender, langgedehnter Schlachtruf erschallt, das Grunzen des Panthers, das Geheul der Hyäne, der Todesruf des Uhu's erklingen aus dem Munde der Neger, mit dem Schlacht- gebrüll durchzischt die kräftig geschleu- derte, tödende Lanze die Luft. Wo sie auch hinfällt im Lager, sie fällt in die dichtesten Rotten der bedrängten Sol- daten; das Blitzen einzelner Gewehre zeigt diesen, daß sich unter den Angrei- fern auch der Feuerwaffen kundige Männer befinden. Jetzt entladen Hun- derte von Soldaten ihre Flinten, eine oder zwei leichte Kanonen donnern gegen den Feind — die Kugeln schaden wenig oder nicht. Längst schon sind die An- greifer wieder geborgen. Dicke Bäume, Erdwände, Erhöhungen des Bodens und die Nacht schützen sie. Die Kugeln der Soldaten pfeifen durch die Aeste der Mimosen, ohne mehr zu bewirken, als den Feind von einem neuen Angriffe abzuschrecken. Der heranbrechende Morgen endet den Kampf. Sein Licht beleuchtet das kleine Schlachtfeld. Viele der Soldaten haben keine Bewegung gemacht; der Tod hat sie im Schlafe ereilt. Mit den Lan- zen sind sie fest an die Erde geheftet, die Stiele derselben starren in die Luft hinaus. Andere sind unter den fürch- terlichsten Krämpfen verschieden: ein vergifteter Pfeil hat sie getroffen; An- dere liegen im Todeskampfe. Von den Schwarzen sieht man auf der Wahlstatt keinen Todten; die Lebenden nahmen die Leichname ihrer Brüder mit sich hinweg, um sie nach ihrer Weise zu beerdigen oder den Wellen des geheilig- ten Stromes zu übergeben. Unter sol- chen Umständen thut der Führer der Rhassua wohl daran, den Rückzug an- zutreten. Seine Negersoldaten werden durch Mißgeschick im Kriege leicht zu Empörungen geneigt und gehen, ob- gleich man die Vorsicht gebraucht, sie nur gegen Feinde zu führen, mit denen sie auf Tod und Leben zu kämpfen von Kindheit an gewöhnt sind, gern zu ihren Stammesverwandten über. Mit dem Sinken der Sonne ver- dunkeln unzählbare Schwärme blutsau- gender Musquitos die Luft und stören die Ruhe des ohnehin genugsam ent- kräfteten Fremdlings. Milliarden dieser Quälgeister der Nacht peinigen den Be- sucher des weißen und oberen blauen Flusses oder des Urwaldes. Sie bohren ihren langen feinen Rüs- sel durch das dichteste Gewebe bis in die Haut ihres Opfers, färben ihren durchsichtigen Körper hochroth mit dem Blute desselben und verursachen durch ihren Stich schmerzhafte, unausstehlich juckende Beulen. Den Tag über in steter Bewegung und Aufregung, die Nacht hindurch der nöthigen Ruhe entbehrend, jeder Erquickung nothgedrungen entsa- gend, ist der weiße Mann nicht fähig, dem in dem höllischen Lande sich seiner unfehlbar bemächtigenden Fieber zu wi- derstehen. Das Wasser, welches er ge- nießen muß, ist aus den Sümpfen des Waldes oder aus dem langsam dahin schleichenden Flusse geschöpft. Die gif- tigen Miasmen der Sümpfe, die Aus- dünstungen der Wälder werden ihm gleich gefährlich. Das verderbliche Fieber ergreift ihn. Der Sonne Central-Afrika's preisgegeben, liegt er krank auf bloßer Erde. Glühende Strahlen sendet das leuchtende Gestirn des Tages herab, der Kranke friert wie bei eisiger Kälte; seine Zähne schlagen klappernd zusammen, die Glieder zittern vor grimmigem Frost. Und nun kommt die Hitze des Fiebers über den Obdachlosen. Dieselbe Sonne, die ihn nicht zu erwärmen vermochte, wird ihm zur unerträglichen Qual. Bald endet Bewußtlosigkeit und Delirium sein Leiden. In den übrigen Soldaten erwacht der Muth der Verzweiflung. Sie ver- langen stürmisch, gegen den Feind ge- führt zu werden. Mit Bajonet und Patagan in der Faust stürmt man den Berg hinan, den 12 *
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