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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 198

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
198 Ii. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde. schcn finden noch jährlich ihren Tod im Meere! Dennoch liebt es der See- mann, wie der Schweizer seine Berge; er fühlt sich nur wohl auf der weiten See. Aus vielen Leiden und Gefahren errettet, sehnt er sich immer wieder zu- rück auf den Ocean. Dort will er le- den ; in dem Meere will er auch begra- den sein. Denn wer ein rechter See- 91. Die Stürme sind die gefährlichsten Feinde des Seefahrers, und mit ihnen kämpfen ist das eben nicht beneidens- werthe Loos desselben, daher er auch schon bei dem Baue des Schiffes dar- auf Bedacht nimmt, denselben, wie die Holländer, durch möglichst niedrigen Bord des Fahrzeuges zu entschlüpfen, oder ihnen, wie die Russen und Franzosen, durch außerordentliche Stärke und Tiefe des mächtigen Gebäudes zu trotzen und sich durch ungeheure Anker und Taue von der Dicke eines starken Hutknopfes zu schützen. Allein vergeblich ist da fast alle Vorsicht. Befindet sich das Schiff auf hohem Meere, weit von den Küsten, so vermag es bei starkem Baue und vernünftiger Führung viel zu er- tragen, wenn es nur immer in dem Zuge des Windes bleibt. In der Nähe der Küsten aber ist es bei heftigen Stürmen gewöhnlich rettungslos verloren, es wird auf dieselben geschleudert und zerschellt am Ufer, denn furchtbar und unwider- stehlich für die schwachen Werke von Menschenhand ist der Aufruhr der Natur. Gewöhnlich geht eine bedrohliche, schwüle Stille dem Toben des Sturmes vor- her; der regelmäßig wehende Wind setzt plötzlich um, Wirbelstöße erheben sich, das Meer beginnt ohne sichtbare Ursache zu wallen, — nun kommt ein heulender Wind heran, der zischend und pfeifend durch das Tauwerk fährt. Die Matrosen klettern an den Strickleitern empor und reffen die Segel zum größten Theile ein, binden sie zusammen, damit sie dem Winde keine zu bedeutende Fläche darbieten. Die Luken werden nach allen Seiten hin auf das Sorgfältigste ge- schlossen, um den anschlagenden Wellen das Eindringen zu verwehren. Kaum mann ist, der weiß und fühlt es, daß er auch auf dem Meere in der Hand des allmächtigen Gottes steht, und daß der, der alle deine Haare auf dem Haupte gezählt hat, auch dann, wenn die gewaltigen Wasserwogen brausen, zu dem Meere sprechen kann: „Bis hierher und nicht weiter! Hier sollen sich legen deine stolzen Wellen!" hat dieses geschehen können, als auch schon mit erneuerten Gewalt der Sturm daher braust, die Wogen peitscht, immer höher hinauf treibt, bis sie den erschreck- ten Bewohnern des Schiffes wie Berge, bis ihre Thäler wie furchtbare, boden- lose Abgründe erscheinen. Schon hat das Meer seine Durchsichtigkeit ver- loren, schwarz sieht es aus und öffnet einen gähnenden Schlund neben dem andern, doch hat es noch nicht seine schrecklichste Gestalt angenommen. Nun aber sinkt die Nacht hernieder; da scheint der Himmel flach und nicht mehr ge- wölbt sich auszubreiten; er scheint sich zur Erde zu senken, um sie mit seiner Last zu erdrücken; die Sternbilder wer- den größer, breiter; der zitternde Duft, in dem Alles schwimmt, gibt ihnen ein furchterregendes Ansehen, dehnt ihren Flächenraum aus das Zehnfache aus; die Planeten und die hellsten Fixsterne bekommen ein kometenartiges Ansehen, und immer wüthender und wilder rast der Sturm daher, schleudert das Schiff hinab, hinauf; jetzt auf einer Wellen- kuppe treibt er es die glatte Bahn hin- unter, die Spitze des vordersten, schräg hinaus liegenden Mastes taucht in das Wasser und scheint das Schiff durch die dunklen Massen des Meeres selbst ziehen zu wollen; jetzt steigt es bergan, und steil und hoch in die Luft ragt derselbe Mast, weit im Bogen aufwärts das Wasser schleudernd, das er erfaßt. Noch geht Alles gut, denn solcher Ereignisse ist der durch tausend Ge- fahren geprüfte Seemann schon gewohnt, weiß er nur, daß er auf 500 Meilen kein Land vor sich hat, so kann er solchen Sturm schon aushalten. Nun aber hebt der Wind noch heftiger und wilder seine 91. Seestürme.
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