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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 202

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
202 Iii. Geschichtsbilder. Bräucheverlangte, und jenenheiligengeist nicht kannte, der in alle Wahrheit leitet. Wenn es also gewiß ist, daß die Deutschen nach Roms Falle so hoch stan- den, wie kein anderes Volk; und wenn es nicht minder gewiß ist, daß die all- gemeine Geschichte den Höhen der Bildung folgen darf, so leidet es keinen Zweifel: deutsches Leben und deutsche Art ist der nächste Gegenstand der Geschichte und in ihm ist das Fortschreiten der Mensch- heit zu suchen. So lange Rom herrscht, ist das Alterthum; das Mittelalter ist, wo deutsches Leben und deutsche Art hervortritt oder nachgewiesen werden kann. In allen Ländern und bei allen Völkern Europas ist deutsche Bildung unverkennbar, und wiederum haben alle Völker in allen Ländern Europas auf die Entwickelung deutscher Bildung, sei es im eigentlichen Deutschland, sei es in andern Ländern, manchfaltigen Ein- fluß gehabt. Von dem Augenblicke an, da die Deutschen in die Geschichte ein- traten, bis auf diesen Tag ist die Ent- wickelung ihres Lebens, zwar nicht im- mer mit gleicher Raschheit, aber unun- terbrechen fortgegangen, und was ihnen zu erreichen bestimmt sein mag, kann Keiner voraussagen. 94. Das alte Germanien und seine Bewohner. I. Als die Römer den Rhein über- schritten und auf beschwerlichen Märschen durch Sümpfe und Wälder manches Un- gemach erduldet hatten, erregte es ihre Verwunderung, daß unter einem so har- ten Himmel Menschen zu leben ver- möchten, und daß dieselben einen so wenig ergiebigen Boden gegen ein ge- bildetes Volk zu vertheidigen suchten. Das schien nur möglich, wenn diese Menschen mit diesem Theile der Erde zusammengewachsen und hier von jeher heimisch gewesen waren. „Wer würde Asien oder Afrika oder gar Italien ver- lassen," rufitacitus aus, „um Germanien aufzusuchen, wenn es nicht das Vater- land wäre?" Wie hätten aber die ger- manischen Völker diesen Boden nicht behaupten sollen, mit dessen Verlust sie Freiheit und Unabhängigkeit, Art und Sitte der Väter, ihre Sprache, ihren Glauben verlieren mußten? Der Römer freilich schauderte, wenn er mit dem Gedanken an den wolken- losen Himmel Italiens, wo der Früh- ling mit dem milden Herbste wechselt, ein Land betrat, wo kein Rebengelände den Hügel bekränzte und kein Oelbaum grünte; wo kein Weizenfeld und keine Südfrucht gedieh; wo unter dem Druck der eisigen Luft alle Lebenskraft zu er- starren schien. Entsetzliches Land, dessen Ströme, vom Regen geschwellt, ver- heerend überfließen, oder kalt und träge dahin schleichen; wo Fluß und See sich mit einer harten Eisrinde bedecken, so daß, wer Wasser bedarf, nicht mit dem Eimer, sondern mit der Axt bewaffnet ausgeht, und es in schwerfälligen Klum- pen, wie Holz nach Hause trägt! Wenige Wochen nur zählt der Sommer, und auch dann fehlt es an heftigen Regen- güssen nicht; frühzeitig bricht der Herbst mit Stürmen und Fluthen herein, und schon zur Zeit der Tag- und Nacht- gleiche sind Gebirge und Ebenen von Schnee bedeckt. Wehe dem Wanderer, den diese Stürme in der Tiefe der Wälder treffen! Zu Cäsars Zeiten hatte noch Nie- mand jenes furchtbare Waldgebirge er- forscht, welches unfern der Alpen be- gann, auf dem linken Ufer der Donau sich nach Osten zog und dann in die unabsehbaren Fernen des Nordens ver- lor. Sechszig Tage, hieß es, könne man reisen, ohne das Ende zu erreichen; neun Tage seien nöthig, um es in der Breite zu durchmessen. Da gab es neben Tannen, Kiefern, Eiben und Buchen gewaltige Eichen, ungezählte Jahrhunderte alt, deren knorrige Wur- zeln den weichen Boden unterhöhlten und zum Hügel emporhoben. Nicht selten durchbrachen sie ihn, stiegen bogen- förmig bis zu den herabhängenden Zwei- gen empor, und verwuchsen mit ihnen
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