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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 204

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
204 Iii. Geschichtsbilder. machie, verließ man die bessere Sitte. Erst in reifen Lebensjahren ward die Ehe geschlossen, sie galt für heilig, und selten wurde sie verletzt. Es gab Völ- kerschaften, bei denen eine Wiederver- heirathung der Wittwe nicht erlaubt war, eine Ehe sollte das ganze Leben füllen, die Frau mit dem Manne für Glück, Unglück und Tod verbunden sein. Doch hatte die Ehe noch die ursprüng- liche Form des Kaufes. Mit Waffen erkaufte der Mann das Weib von den Angehörigen, und aus dem Schutz des Vaters trat es in den seinen hinüber. Ein gezäumtes Roß, Schild, Lanze und Schwert, dazu ein Joch Ochsen waren seine Morgengabe. Heilig wurden die Waffen bewahrt, denn aus der Hand der Mutter empfing sie dereinst der Sohn, um damit sein Weib zu gewin- nen, und so gingen sie als Erbgut von Geschlecht zu Geschlecht hinab. Ueber die Kinder hatte der Vater volle Gewalt. Das neugeborene Kind konnte er aussetzen, den heranwachsen- den Sohn tödten, aber nicht verkaufen; doch war die Sitte milder als das Recht. Wie Zur Probe der Lebens- fähigkeit ward das Kind in kaltes Wasser getaucht und nach Verlauf der ersten acht Tage legte ihm der Vater den Namen bei. Die Kinder des Herrn und des Knechtes theilten Spiel und Kost; — in unbefangenem Verkehr mit den Hausthieren, in Sand und Schmutz, in Feld und Wald, in Sonne und Regen wuchsen sie mit einander auf. Man vertraute, die angeborene Kraft des Freien werde ihn zur rechten Zeit vom Knechte unterscheiden. So wurden die Germanen zu mächtigen Gestalten; sechs und ein halber Fuß Größe waren nichts seltenes. Der Germane war schlank, hoch, von breiter Brust und breiten Schultern, von weißer Hautfarbe, blauen Augen, röthlich blonden Haares, das lebendige Abbild körperlicher Gesundheit und natürlicher Kraftfülle. Wohnung und Nahrung waren so einfach wie Kleidung; das Haus ge- räumig, für Viele berechnet, aus roh behauenen Stämmen erbaut und mit Stroh bedeckt. Nur Schutz gegen Wind und Wetter suchte man darin. Zum dürftigen Schmuck bestrichen manche die Wände mit hellen Erdarten, um ihnen eine bunte und glänzende Farbe zu geben. Daneben diente der unterirdische Keller, dessen Oeffnung man mit Mist bedeckte, als Vorrathskammer und Zu- fluchtsort gegen Winterkälte und ein- dringende Feinde. Der Mittelpunkt des Hauses war der Herd. Jedes Mitglied der Familie hatte seinen bestimmten Sitz; da saß der Mann an demselben Tisch und Platze, wo vor ihm der Ahn gesessen, gegessen und getrunken hatte, oder er verträumte müssige Stunden, wenn Kampf und Jagd ihn nicht hinausriefen. Man lebte von dem, was die Natur ungesucht oder bei geringer Mühe her- gab. Roggenbrod, Haferbrei, Hirse, Boh- nen, Buchweizen, Fleisch des frisch er- legten Wildes oder des zahmen Haus- viehes, das gekocht, eingesalzen oder geräuchert ward, waren die gewöhnlichen Nahrungsmittel; dazu geronnene Milch, Butter, Käse, wilde Obstarten, Rettige und anderes Wurzelwerk, berauschendes Bier von Gerste und Weizen, mit Honig gemischt. Auch Pferdefleisch wurde ge- gessen. Wein war nur in der Nähe der römischen Grenze bekannt; man war ihm leicht unmäßig ergeben, wenn man ihn einmal kennen gelernt hatte. Das Kleid war ein anliegender Rock, ohne Aermel, mit einer stark ausge- schnittenen Oeffnung für den Hals, die auch zugleich den oberen Theil der Brust frei ließ; die Hose, welche die Beine vollständig deckte, wurde erst später allgemeiner getragen. Leinen oder grobes Wollenzeug war der ge- wöhnliche Stoff; die Frau mit ihren Mägden webte für alle Genossen des Hauses. Ueber dem leinenen Rock be- festigte man kunstlos einen viereckigen Mantel von grober Wolle, der im Kampfe abgeworfen wurde; die Füße waren durch Sohlen von ungegerbtem Leder oder durch Knöchelschuhe geschützt. Die Kleidung dcr Frauen war nur wenig zierlicher, desselben Schnitts, etwa nur noch mit einem Purpurstreifen umsäumt. Iii. Das Bestellen des Ackers, das sorg- same Abwarten der Frucht, die man
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