1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
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Iii. Geschichtsbilder.
in der christlichen Religion erzogen war,
bot ihren ganzen Einfluß auf, um auch
ihren Gemahl, der noch dem finsteren
Heidenthume anhing, dafür zu gewinnen.
Aber sein wildes Gemüth wies immer
die milden Lehren des Christenthumes
von sich. Es schien ihm thöricht und
vermessen, seinen alten Göttern zu ent-
sagen, die ihm noch in allen Schlachten
den Sieg verliehen hatten. Doch was
der Gattin Liebe angefangen und vor-
bereitet hatte, half die Noth vollenden.
Im Jahre 496 brach ein Krieg aus
zwischen den Franken und ihren Grenz-
nachbaren, den Alemannen, deren An-
griffen Gallien fortwährend ausgesetzt
war. Der Name dieser gefürchteten
Nachbaren war den Franken in Gallien
so bekannt, daß ihn die Franzosen noch
jetzt dem ganzen deutschen Volke (Alle-
mands) geben. Bei Zülpich im Jü-
lichschen ward blutig gestritten. Der
Sieg schwankte lange, endlich neigte er
sich auf die Seite der Alemannen. In
dieser Noth gedachte Chlodwig dessen,
was ihm seine Gemahlin Clotilde von
dem mächtigen Christengotte erzählt hatte.
Und alsbald streckte er inbrünstig seine
Hände zum Himmel aus und betete:
„Hilf mir, Jesus Christus, denn meine
Götter verlassen mich. Wenn du mir
beistehst in dieser Noth, so will ich an
dich glauben." Und siehe! wie durch
Zauber ordneten sich seine Reihen wie-
der. Schrecken ging vor ihnen her. Es
war, als hätten unsichtbare Geister den
Kampf übernommen. Der Feind wich
zurück, der Anführer fiel, und nun warf
Alles Wehr und Waffe ab und eilte
voll Entsetzen in wilder Flucht durch -
und über einander vom Kampfplatze.
Dieser Sieg verschaffte ihm die Herr-
schaft über den nördlichen Theil von
Alemannien, am Rhein und Main; der
südliche begab sich unter die Herrschaft
der Ostgothen.
Chlodwig erfüllte nun auch sein Ge-
lübde. Am Weihnachtsfeste desselben
Jahres (496) ließ er sich zu Rheims
feierlich taufen. Nach der Taufe salbte
ihn auch der Bischof Remigius zum
Könige der Franken. Eine Taube, —
so geht die Sage, — brachte zu dieser
Feierlichkeit ein Fläschchen mit Salböl
vom Himmel, das auch bei allen folgen-
den Krönungen gebraucht wurde. Mit
dem Könige zugleich taufte der Bischof
die Schwester des Chlodwig nebst drei-
tausend Franken hohen Ranges und
sprach dabei die bedeutungsvollen Worte:
„Betet an, was ihr zuvor verbrannt
habet, und verbrennet, was ihr zuvor
angebetet habet." Das Christenthum
ward nun fränkische Staatsreligion.
Es war jedoch an Chlodwig sichtbar,
daß die Annahme des Christenthumes
nur das Werk augenblicklicher Noth ge-
wesen; denn es wirkte nicht veredelnd
auf seine Gesinnung. Er mordete in
seiner Familie nach wie vor. Ja, es
mußte sogar die neue Religion seiner
Herrschsucht zum Vorwände dienen, die
übrigen Völker Galliens zu unterwerfen,
die sich nicht zur christlichen Kirche be-
kannten.
In Gallien waren jetzt außer den
Franken nur noch zwei mächtige Völker,
die Burgunder und Westgothen.
Ueber Burgund, den schönen blühenden
Landstrich, der sich von der Saone bis
Avignon hinab erstreckt, herrschten zwei
Könige, die sich gegenseitig bekriegten.
Für einen jährlichen Zins zog er dem
einen zu Hülfe und trieb den andern
in die Enge, kehrte aber zurück, als
auch dieser ihm Abtretungen und jähr-
lichen Zins verhieß. Erst unter Chlod-
wigs Nachfolgern wurde Burgund gänz-
lich unter fränkische Herrschaft gebracht.
Nun griff er die Westgothen an und
erfocht einen vollständigen Sieg über
sie bei Poitiers (507); ihren König
tödtete er mit eigner Hand. Er würde
sich das ganze Reich unterworfen haben,
hätte sich nicht Theodorich, König der
Ostgothen in Italien, seiner unmäßigen
Vergrößerungssucht widersetzt. Doch riß
er den größten Theil desselben an sich
und schränkte die Westgothen auf Lan-
guedoc ein.
So gelang es ihm, sein Anfangs
kleines Reich vom Rhein und von der
Donau bis an die Pyrenäen, vom Kanäle
bis nahe an das mittelländische Meer
zu erweitern. Er war es, der die ver-
schiedenen Volksstämme in Gallien zu
einem Ganzen vereingte und den Grund
zu der künftigen Größe der fränkischen