1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
105. Ärnulf I. Herzog von Bayern.
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Der Geist seiner Ahnen regte sich
in ihm, er hatte mehr Muth als seine
Fürsten und Herren, welche das Unglück
mit Schrecken vor den Magyaren er-
füllt hatte. Er schrieb eine neue Heer-
fahrt aus, im Jahre 910; die Feigen,
die sich derselben entziehen würden, be-
drohte er mit der Strafe des Stranges.
So brachte er ein zahlreiches Heer in
seinem Lager bei Augsburg zusammen,
aber es waren darunter neben vielen
herzhaften Streitern auch solche, welche
nur die Drohung zu den Fahnen ge-
bracht hatte.
Auf die Kunde von diesen großen
Rüstungen setzte sich die vereinigte Kriegs-
macht der Magyaren in Bewegung und
eines Tages sahen sich die auf dem
Lechfelde gelagerten Deutschen in der
Morgendämmerung überfallen.
Noch immer hatten die Deutschen
diesen Fremden ihre Kampfart nicht ab-
gelernt; sie ließen sich wieder durch
ihre verstellte Flucht täuschen und un-
vorsichtig in einen Hinterhalt locken. So
entschied sich die Schlacht bald zur voll-
kommenen Niederlage, die Flucht der Deut-
schen war allgemein und die Nachjagen-
den hielten eine schreckliche Todesärnte.
König Ludwig wußte die unter
ihren Verheerungen darniederliegenden
Lande nicht anders zu retten, als daß
er durch große Geldsummen und durch
das Versprechen eines jährlichen Tributs
die feindlichen Anführer vermochte, den
Rückzug anzutreten. Aber das Unglück
und die Schmach brachen des jungen
Königs Herz. Er starb 911 in seinem
18. Jahre, der letzte Sprößling des
großen Karls auf deutschem Boden.
105. Arnulf I., Herzog von Bayern.
Nach dem Tode Ludwigs des Kindes
drohte Deutschland in mehrere einzelne
Herzogthümer auseinander zu fallen.
Die wichtigsten Stämme hatten sich aus
einheimischen Geschlechtern Herzoge ge-
wählt, die Anfangs kein gemeinsames
Oberhaupt anerkannten. Ueber die
Sachsen herrschte Otto, genannt der
Erlauchte, über die Franken Konrad,
über die Lotharinger Rainer, über die
Schwaben (Alemannen) Erchanger und
dessen Bruder Berchthold, über die
Bayern Arnulf, des heldenmüthigen
Luitpold Sohn.
Bei solcher Vereinzelung konnte den
Deutschland bedrohenden Feinden, be-
sonders den ihre räuberischen Einfälle
erneuernden Ungarn kein genügender
Widerstand geleistet werden, und man
fühlte tief das Bedürfniß nach einem
einheitlichen Reichsoberhaupte.
Zu dem Ende traten die Franken
und Sachsen, die mächtigsten unter den
deutschen Stämmen, in gemeinsame Be-
rathungen.
Otto von Sachsen war als König
ausersehen; allein derselbe erklärte, er
fühle sich bei seinem vorgerückten Alter
zu schwach, das deutsche Scepter zu
führen, und empfahl als König den
tapfern Frankenherzog Konrad, der denn
auch von den Franken und Sachsen als
Reichsoberhaupt ausgerufen wurde. Die
Lotharinger aber, sowie die Alemannen
und Bayern versagten Konrad die An-
erkennung als König.
Es kann dem Bayernherzog Arnulf
nicht verargt werden, wenn er weit
eher sich berechtigt glaubte selbst den
Königstitel zu führen, als dem Fürsten
eines andern deutschen Stammes sich
unterzuordnen.
Hatte er doch seinen Sitz zu Regens-
burg, welches unter den Karolingern
der deutschen Könige Residenz gewesen,
und hatte er auch durch seinen Sieg
über die Ungarn sich als ein Held ge-
zeigt, würdig, gleich seinem Vater der
Deutschen Heerführer zu sein.
Es hatten nämlich die Ungarn Ge-
sandte an Arnulfs Hof nach Regens-
burg geschickt und in drohender Sprache
die Entrichtung des von Ludwig dem
Kinde bewilligten jährlichen Tributes
gefordert.
Arnulps aber erwiderte entrüstet
auf dieses Verlangen: „Saget euren
Barbaren, wenn sie einen Tribut wollen,
so mögen sie selber kommen, sie werden
dann erfahren, daß wir ein Schwert
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