1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
109. Die Ungarschlacht auf dem Lechfelde (955).
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dern, daß Otto wieder den Gedanken
Karls des Großen von einem weströ-
mischen Kaiserreich auffaßte und die
dringende Einladung zu einem Zuge
nach Italien nicht verschmähte. In ihm
wohnte zudem eine gewaltige, von edlem
Stolz getragene Herrschernatur, die sich
schon in der majestätischen Gestalt und
dem Ehrfurcht gebietenden Blicke kund
gab. Aber zu bedauern ist es, daß ihn
nicht reifere Betrachtung und das Bei-
spiel der Karolinger von seinem Vor-
haben, von der Uebernahme einer so
großen und übermenschlichen Last, zu-
rückschreckte; besonders für Deutschland
zu bedauern, daß er durch den Schein-
glanz der südlichen Krone die deutschen
Kräfte nach Italien richtete, wo sie
eben so oft glänzende Siege gewannen,
als sie bald darauf in den: für sie
ungünstigen Klima sich aufzehrten.
Otto errang durch seine Kämpfe in
Italien gegen den herrschfüchtigen und
wilden Markgrafen Berengar von
Jvrea den Titel „König von Italien",
später erhielt er in Mailand die
eiserne Krone der Lombarden, und ein
Jahr darauf empfing er auch aus der
Hand des Papstes die römische Kai-
serkrone. Zugleich mußten die Römer
ihm schwören, nie einen Papst ohne die
Zustimmung des deuifchen Kaisers zu
wählen. So wurde Otto der Gründer
des heiligen römischen Reiches
deutschernation. Die römische Kai-
serkrone erhielt durch die Macht eines
Mannes, wie Otto, eine neue höhere
Bedeutung, und obgleich sie ihm und
noch mehr seinen Nachfolgern (bis zur
gänzlichen Auflösung des deutschen Rei-
ches 1806) nur die unfruchtbare Ober-
herrschaft über Rom und das römische
Gebiet verlieh, wurde doch dadurch der
deutsche König als erster Fürst und
Schutzherr der abendländischen Christen-
heit anerkannt und ihm eine bevorzugte
Stellung vor andern gekrönten Häup-
tern gesichert. Das Bestreben, die römische
Krone zu behaupten, hat leider den
Deutschen viel Blut gekostet und die
deutschen Könige oft von wichtigen ein-
heimischen Angelegenheiten abgezogen,
aber auch den Verkehr der Deutschen
mit dem bildungsreichen Italien be-
fördert und ihnen einen weiten Spiel-
raum für kräftige Thätigkeit zur För-
derung des Geistes und der Bildung
eröffnet.
Ueberblickt man die ganze Regie-
rungszeit Otto's, so muß man sagen,
daß kein deutscher König mehr mit auf-
rührerischen Lehensträgern zu kämpfen
gehabt hat, als er, und nur einem so
eisernen und vom Glück begünstigten
Manne, wie Otto, konnte es gelingen,
alle Gegner zu überwinden. So unter
Kämpfen, Ringen und Streben für voll-
ständige Reichseinheit Deutschlands be-
schloß Otto sein thatenreiches Leben im
62. Jahre seines Alters.
109. Die Ungarschlacht ,
Die Schmach eines Tributes an die !
Ungarn, welche seit Ludwig des Kindes
Zeiten auf Deutschland gelastet, wurde
von Heinrich I. durch die glorreichen
Siege bei Sondershausen und Merse-
burg (933) abgewendet. So lange Hein-
rich am Leben war, wagte sich das
Raubvolk nicht mehr nach Deutschland.
Kaum aber hatte derselbe die Angen
geschlossen, als sie auch ihre Plünde-
rungszüge wieder begannen. In den
Jahren 937, 938, 944 und 954 suchten
sie Deutschland und Italien heim, allein
ohne bedeutenden Erfolg. Im Jahre
955 aber rüsteten sie sich zu einem
auf dem Lechfelde (955).
furchtbaren Einfall. In so ungeheurer
Menge erschienen sie — man hat ihre
Zahl auf 100,000 angegeben — daß
sie prahlend ausriefen: „Unsere Rosse
sollen die Flüsse aussaufen und die Städte
zertreten, und wenn nicht der Himmel
einstürzt oder die Erde sich aufthnt,
kann uns kein Unfall begegnen." In
fünf Heereszüge getheilt zogen sie unter
Anführung ihres Häuptlings Bulzko
die Donau herauf, überschwemmten plün-
dernd, mordend und sengend das Land
bis zum Schwarzwalde und lagerten sich
dann am Lech vor Augsburg. In dieser
Stadt war der Bischof Ulrich, ein gar