1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
110. Wahl Konrads Ii. zum deutschen Kaiser.
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der gefangenen Heerführer, dabei Bulzko,
ließ Kaiser Otto vom Schlachtfelde ab
und zu seinem Bruder Herzog Heinrich
nach Regensburg führen, wo sie vor
dem Ostenthore an einem hohen Galgen
aufgehenkt wurden. Unermeßliche Beute
war den Siegern in die Hände gefallen.
Was die Ungarn geraubt: gemünztes
und nngemünztes Gold und Silber,
Edelsteine, kostbares Kirchen- und Haus-
geräthe, Schmucksachen, das Alles hat-
ten die Deutschen wieder gewonnen.
Reichlich wurden damit Wittwen und
Waisen beschenkt und für die Kinder
der im Kriege Erschlagenen Zufluchts-
Häuser erbaut. Auch viele Kirchen in
Bayern und Schwaben empfingen Ersatz
für den erlittenen Raub.
Am 10. Aug. 1855 wurde zu Kö-
nigsbrunn der Grundstein zu einer Kirche
gelegt, welche ein Denkmal sein soll
dieser denkwürdigen Schlacht.
110. Wahl Konrads Ii. zum deutschen Kaiser.
Als mit Heinrich Ii. das königlich
sächsische Haus ausgestorben war (1024),
schien das neuerwachte Streben der
Herzoge und Fürsten nach Unabhängig-
keit und Herrschaft Deutschland aber-
mals in Verwirrung und Zerrüttung
zu stürzen. Acht Wochen lang blieb der
Thron unbesetzt; gewaltige Fürsten trotz-
ten auf ihre Macht; schon brach an
vielen Orten Zwietracht und deren Be-
gleitung, Krieg und Verheerung, ans.
Aber der patriotische Sinn der edelsten
Bischöfe und Herzoge rettete das Vater-
land von der Gefahr, die ihm drohte,
und es bewährte sich hier ein beach-
tungswürdiges Beispiel deutscher Bie-
derkeit.
Nachdem sich die deutschen Fürsten
zuvörderst durch Briefe und Gesandte
in der Stille verständigt hatten, kamen
sie mit vielem Volke auf einer großen
Ebene zwischen Mainz und Worms zur
förmlichen Wahl zusammen. Hier la-
gerten sie sich unter freiem Himmel auf
beiden Seilen des Rheins: diesseits die
Sachsen, Böhmen, Ostfranken, Bayern
und Schwaben, jenseits die rheinischen
Franken und Lothringer. In dem nun
schon längst vom Rhein verschlungenen
Städtchen Camba, gegenüber Oppen-
heim, hielten die Fürsten ihre Berathun-
gen. Die italienischen Großen konnten
nicht zur Wahl kommen, weil diese zu
schnell vor sich ging; doch bestätigten
sie selbige nachher zu Costnitz.
Lange wurde gestritten, wer zu re-
gieren am würdigsten wäre. Bisher
war die Regierung in den Händen der
Sachsen gewesen; jetzt aber schien es
billig, daß selbige den Franken, die
noch immer als das Hauptvolk des ger-
manischen Bundes galten, zugewendet
würde. Aber wer von ihnen sollte sie
erhalten? Die Wahl schwankte zwischen
zwei Häuptern, dem Reichsgrafen K o n -
rad dem Aeltern und Konrad dem
Jüngern, Herzog der Franken; beide
waren Vettern, Sprößlinge des deutschen
Königs Konrad des Ersten, beide standen
in großem Ansehen. Der ältere Konrad
trug nicht Lehen von Fürsten, sondern
nur vom Reiche, und deren nicht viele;
er saß, ein freier Mann, auf seinem
Erbgut Limburg zwischen Speier und
Worms. Der jüngere Konrad konnte
sich größerer Macht rühmen. Ihm wen-
deten die Lothringer ihr Augenmerk zu,
indeß sie dem älteren Konrad früherer
Fehden wegen feind waren. Leicht hätte
zwischen beiden um der Krone willen
blutige Zwietracht entstehen können; allein
der ältere Konrad, eben so verständig
als redlich, und darum von den Wäh-
lenden aus den östlichen Landen vor-
züglich geehrt, verhütete dies. Er rief
seinen jüngern Vetter bei Seite, und
stellte ihm vor, wie es jetzt nahe daran
sei, daß die höchste Gewalt wieder zu
den Franken kommen sollte; er möchte
also nicht durch Zwietracht dem Glück
ihres Hauses und der Ehre ihrer Nation
widerstreben; würden die Stimmen zu
Gunsten des jüngern Konrad ausfallen,
so wolle er, der Aeltere, der Erste sein,
der ihm huldige; aber eben dieses er-
warte er auch von ihm. Der jüngere
Konrad ward durch diese Vorstellungen
gerührt; er versprach denselben nachzu-