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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 246

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
246 Hl. Geschichtbilder. armes Weib unweit Altorf drei Knäb- lein auf einmal zur Welt brachte. Da rief Jrmentrut öffentlich vor ihrem Gemahl und allem Gesinde: „Es ist unmöglich, daß dies Weib drei Kinder haben kann ohne Ehebruch. Es ver- dient in einen Sack gesteckt und ertränkt zu werden." Das nächste Jahr gebar die Gräfin, als Jsenbart eben ausge- zogen war, selbst zwölf Knäblein. Zit- ternd und zagend, daß man sie nun, ihrer eigenen Rede eingedenk, des Ehe- bruchs zeihen würde, befahl sie einer Magd, elf der Knäblein im nahen Bache zu ertränken. Aber Gott schickte es, daß der heimkehrende Graf der Alten begegnete, wie diese eben mit einem ver- deckten Korbe zum Bache ging. Auf Jsenbarts Frage, was sie trüge, ant- wortete die Magd, „junge Hündlein", (Welfen). Der Graf begehrte diese zu sehen, um sich allenfalls etliche zur Auf- zucht auszuwählen. Wie sich die Alte auch weigerte, sie mußte ihrem Herrn die Kindlein zeigen und so erfuhr dieser den ganzen Sachverhalt. Der Graf befahl der Magd, die Kindlein zu einem Müller der Gegend zu bringen, welcher sie aufziehen solle, der Gräfin aber zu sagen, ihr Auftrag sei vollzogen wor- den. Sechs Jahre darnach ließ Jsen- bart die elf Knaben schön geputzt in sein Schloß bringen und lud seine Freundschaft zu einem fröhlichen Mahl. Und die elf Knaben waren dem zwölf- ten, welchen die Mutter behalten hatte, an Größe und Leibesgestalt so ähnlich, daß man sogleich sehen mußte, sie seien eines Vaters und einer Mutter Kin- der. Unterdessen stand der Graf auf und fragte seine Gäste, was doch ein Weib, welche so herrlicher Knaben elf hatte umbringen wollen, für einen Tod verschuldet. Ohnmächtig sank die Grä- fin zu Boden; als sie wieder zu sich gebracht worden, fiel sie dem Grafen zu Füßen und flehte jämmerlich um Gnade. Weil nun alle Freunde Für- bitte für sie einlegten, so verzieh der Graf ihrer Einfalt, aus welcher sie das Verbrechen begangen hatte. Auch ver- ordnete er, daß nun seine Nachkommen sich nicht mehr Grafen zu Altorf, son- dern „Welfen" nennen sollten. Die andere Sage erzählt: Ein Vor- fahre dieses Geschlechts habe sich am Hofe des Kaisers befunden und sei von seiner Gemahlin, die eines Knäbleins genesen, zurückgerufen worden. Der Kai- ser habe scherzweise gesagt: Was eilst du heim um eines Welfen willen, der dir geboren ist? — worauf der Graf antwortete: Weil der Kaiser dem Kinde einen Namen gegeben, solle das gelten, — und bat ihn, dasselbe aus der Taufe zu heben, was auch geschah. Ii. Zu besonderem Ansehen gelangte das welsische Haus zur Zeit der groß- ßen Wirren in Deutschland unter Kai- ser Heinrich Iv. Um diese Zeit — 1055 — war der Mannesstamm des Welfenhauses ausgestorben. Kunigunde, die Tochter des letzten deutschen Grafen Welf, war vermählt an den italienischen Markgrafen Azzo von Este, aus wel- cher Ehe zwei Söhne, Welf und Fulco, entsproßten. Letzterer blieb in Italien und pflanzte dort die Linie Este fort, ersterer ging nach Deutschland und wurde der Stammvater des estensisch-welfischen Hauses. Nachdem Heinrich Iv. Otto von Nordheim des Herzogthums Bayern entsetzt hatte, belehrte er damit den ohnehin schon mächtigen Welf I., weil er an diesem eine feste Stütze zu ge- winnen hoffte. Solches geschah am 25. Dezember 1070 zu Goslar. Im Kampfe gegen die Sachsen hielt Welf treu zum Kaiser und focht für ihn in der Schlacht an der Unstrut; später jedoch wandte er sich von Hein- rich ab und wurde deßhalb des Herzog- thums Bayern entsetzt, erhielt es aber wieder zurück, nachdem er mit seinem Sohne Welf Ii. wieder auf des Kai- sers Seite getreten war. Welf I. starb auf der Rückkehr von einem Kreuzzuge auf der Insel Cypern und ihm folgte sein Sohn Welf Ii., nach dessen kinder- losem Tode Heinrich Ix., genannt der Schwarze, der zweite Sohn Welfs I. die Herzogswürde erhielt. Dieser ver- mehrte seinen Besitz namhaft durch Ver- mählung mit Wulfilda, der Tochter des verstorbenen Herzogs Magnus von Sach- sen, des letzten Billungers, dessen Haus-
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