Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 248

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
248 Iii. Geschichtsbilder. len von der Stadt, aufgeschlagen war. Hier wurde den versammelten Ständen verkündet: Jasomirgott werde das Her- zogthum Bayern an Heinrich den Lö- wen abtreten und dafür das Land ob der Enns und die Ostmark als eignes Herzogthum, begabt mit großen Vor- rechten, zur Entschädigung erhalten. Nach Verkündigung des Beschlusses über- gab Heinrich Xi. dem Kaiser sieben Fähnlein, von denen Friedrich fünf Heinrich Xii. überreichte, die andern zwei Heinrich Xi. zurückstellte. So entstand das Herzogthum „Oesterreich". Durch glückliche Kriege gegen die slavischen Völkerschaften brachte Hein- rich Xii. noch neue Besitzungen an sich. Seine Macht war der eines Königs ver- gleichbar: Bayern, Sachsen, die reiche Erbschaft des Kaisers Lothar, die Er- oberungen im Norden, die den Bischö- fen abgenommenen oder zum Lehen er- haltenen geistlichen Güter bildeten eine Masse von Ländern, größer als sie der Kaiser selbst unmittelbar besaß. Und doch, auch von der Höhe dieser Macht mußte Heinrich Xii. gleich seinem Va- ter heruntersteigen in die Niedrigkeit. Es traten Verhältnisse ein, welche das innige Band zwischen dem Kaiser und dem Herzog rissen und des letzteren Sturz zur Folge hatten. Zum vierten Zuge nach Italien erbat sich Friedrich den Beistand Heinrichs. Aber dieser weigerte die Heeresfolge unter Vor- wänden, die sich dem Kaiser und Jedem als nichtig darstellen mußten. Sein Alter, sagte Heinrich, mache ihn un- fähig zu Feldzügen und doch zählte er erst 46 Jahre und der Kaiser stand in höherem Alter, auch sprach er von sei- ner Scheu, einem Gebannten zu folgen, während er ihm doch 16 Jahre lang ohne Rücksicht auf den päpstlichen Bann- fluch Beistand geleistet; endlich stellte er sich besorgt vor einheimischen Feinden: allein seine schwächern Nachbarn hätten sicher am wenigsten einen Angriff ge- wagt, wenn er dem Kaiser Freund ge- blieben wäre. Die eigentlichen Gründe der Weigerung lagen tiefer. In Hein- richs Herzen lebte ein Groll gegen Friedrich, weil dieser die Güter Welfs Iii., des Aelteren an sich j gebracht hatte. Dieser hatte sich nach dem Tode seines einzigen Sohnes in Memmingen nieder- gelassen, wo er lustige geldarme Ritter bei sich'aufnahm, in Jagden, Gastmäh- lern und sonstigen Festen große Sum- men verschwendete und so in Schulden gerieth, zu deren Tilgung Heinrich der Löwe aus kurzsichtiger Sparsamkeit nichts hergeben wollte, während Friedrich frei- gebig Unterstützungen gewährte. Vor sei- nem Tode ward jedoch Welf des Sin- nengenusses überdrüssig, rief seine früher verstoßene Gemahlin wieder zurück, machte den Armen, Geistlichen und Klö- stern reiche Schenkungen und setzte in dankbarer Erinnerung an die empfan- genen Wohlthaten den Kaiser zu seinem Erben ein. Zu dieser Mißstimmung Heinrichs gegen Friedrich wegen der Wölfischen Erbschaft trat noch ein an- derer Grund. Heinrich fühlte sich jetzt so mächtig, als der Kaiser selbst; dar- um wollte er nicht länger als des Kaisers gehorsamer Reichsstand seine Kräfte in dessen Diensten, sondern für seinen eigenen Zweck verwenden. Eine Schwächung der Kaisermacht in Italien konnte ihm nur erwünscht und förder- lich scheinen, um seine eigene Macht auszudehnen. Der Kaiser hoffte durch mündliche Besprechung Heinrich noch gewinnen zu können. In Chiavenna (nach Anderen in Partenkirchen) trafen beide Männer zusammen. Friedrich hörte des Löwen Einwände ruhig an und widerlegte sie nach Kräften. Er erinnerte ihn an seine bisherigen treuen Dienste, an seinen dem Reiche geleisteten Eid, an die heiligen Bande des Blutes, welche sie beide verknüpfe und beschwor den Welfenfürsten, in dieser Bedrängniß nicht von ihm zu lassen. Vergebens! Ja, der Kaiser soll so weit gegangen sein, von seinem Sitze herabzusteigen und Heinrichs Kniee zu umfassen. Die- ser, darüber erschrocken, habe zwar den Kaiser aufzuheben gesucht, sei aber auf seiner Weigerung bestanden. Da habe sich die Kaiserin würdevoll ihrem Gat- ten genaht und gesagt: „Lieber Herr, stehe auf; Gott wird dir Hülse leisten, und du wirst einst dieses Tages und dieses Hochmuthes gedenken." — Von
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer