1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
117. Kaiser Friedrich L, Barbarossa.
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diesem Tage an war das Band der
Freundschaft zwischen den beiden deut-
schen Helden zerrissen.
Nachdem Friedrich in Italien unter-
legen und wieder nach Deutschland zu-
rückgekehrt war, traten Heinrichs Feinde
mit harter Anklage gegen diesen auf
und derselbe fand nun an dem so
schwer beleidigten Friedrich keinen
freundlichen Vermittler, sondern einen
strengen Richter. In Worms sollte
sich Heinrich verantworten; er stellte
sich nicht; ebensowenig auf eine zweite
Vorladung nach Magdeburg. Nun
mehrte sich die Zahl der Ankläger,
und Heinrich, im Vertrauen auf des
Kaisers altfreundliche Gesinnungen, bat
um eine geheime Unterredung. Friedrich
gewährte diese. Da aber Heinrich auf
die Bedingungen des Kaisers nicht ein-
ging, kam es nicht zur gehofften Ver-
söhnung. Eine dritte Vorladung vor
den Reichstag nach Goslar war eben-
falls erfolglos und so wurde Heinrich
geächtet, seiner Lehen und Würden für
verlustig erklärt. Doch zögerte der
Kaiser mit der Vollstreckung des Spruches
und gab seine Zustimmung erst, als
auch eine vierte Vorladung nach Ulm
und eine fünfte nach Würzburg
fruchtlos geblieben. Auf dem letztge-
nannten Reichstage 1180 wurde die
Vollziehung der Acht beschlossen. Nun
kam es zu einem Kriege, in welchem
Heinrich anfänglich namhafte Vortheile
errang, zuletzt aber mehr und mehr in
die Enge getrieben wurde. Das beugte
seinen stolzen Sinn und er erklärte sich
zur Unterwerfung unter den Spruch
der Fürsten bereit.
Nun erfüllte sich, was die Gemahlin
Friedrichs in Chiavenna vorausgesagt.
Auf dem Reichstage zu Erfurt 1181
warf sich Heinrich dem Kaiser zu Füßen,
erfaßte dessen Kniee und flehte demüthig
um Gnade. Solch ein Wechsel des
Schicksals ergriff den edlen Friedrich
auf's tiefste. Thränen traten in seine
117. Kaiser Friei
1. Wenn wir uns die alte stolze Zeit,
wo das deutsche Reich alle andern Reiche
der Christenheit an Größe und Macht
Augen und er rief aus: „Du bist das
eigne Werkzeug deines Unglücks!" Hier-
auf ging der Spruch der Fürsten da-
hin: das väterliche Erbe Braunschweig
und Lüneburg, obgleich es nach dem
Reichs- und Kriegsrecht auch verwirkt
sei, solle dem Herzog verbleiben, jedoch
müsse er 7 Jahre lang das Reich meiden.
Der Kaiser setzte diese Verbannungsfrist
auf 3 Jahre herab, mußte aber den be-
sorgten Fürsten und Prälaten ver-
sprechen, ohne ihre Zustimmung seine
Milde nicht weiter auszudehnen.
Im Frühling 1182 wanderte der
einst so mächtige Löwe mit Weib und
Kindern aus; und da, wo er sonst
einem Könige gleich geherrscht hatte,
zeigte man ihm nicht einmal Mitleid,
ja der Geächtete wurde selbst durch bit-
teren Hohn gekränkt. Als er z. B. in
seiner ehemaligen Stadt Bardewick über
Nacht bleiben wollte, verschloß man ihm
die Thore und schmähte ihn auf höchst
unwürdige Weise von den Mauern
herab. Bei dem Vater seiner frommen und
milden Gemahlin Mathilde, dem Könige
von England, fand der Welse ehrenvolle
Aufnahme. Sein großes, unter stolzen
Plänen zusammengebrachtes Reich war
zerstückelt und an seine Feinde vergeben.
Später kehrte Heinrich wieder nach
Deutschland zurück und starb zu Braun-
schweig am 6. August 1195. Von ihm
stammten das braunschweigische Herzogs-
haus und das nun entthronte hanno-
verische Königshaus, sowie die englische
Regentenfamilie ab. — Von seinen Zeit-
genossen wird er geschildert als herr-
licher Held mit festem, durch ritterliche
Uebungen aller Art gekräftigtem Körper.
Er hatte ein offenes Gesicht, schwarze
Augen, dunkle Haare und einen starken
Bart. Feind aller Ueppigkeit und Träg-
heit, war er streng, tapfer, ausdauernd
und in Vielem seinem Vetter, dem
Kaiser Friedrich ähnlich. — Wie dieser,
lebt er auch heute noch fort in den Lie-
dern und Sagen des Volkes.
'ich I., Barbarossa.
und Glanz übertraf, in's Gedächtniß
! rufen und der gewaltigen Herrscher ge-
! denken, welche für Ordnung und Wohl-