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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 256

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
256 Iii. Geschichtsbilder. traf er ihn mit seinem Schwerte der- gestalt, daß er für todt hinweggetragen wurde. Der König verbiß seinen Zorn, als er sah, daß die französischen Ritter des Grafen That billigten; — das Urtheil aber blieb ungeändert! Hierauf bat Konradin, daß man ihm noch ein- mal das Wort verstatte, und sprach mit großer Fassung: „Vor Gott habe ich als Sünder den Tod verdient, hier aber werde ich ungerecht verdammt. Ich frage alle die Getreuen, für welche meine Vorfahren hier väterlich sorgten, ich frage alle Häupter und Fürsten dieser Erde: ob der des Todes schuldig ist, welcher seine und seiner Völker Rechte vertheidigt? Und wenn auch ich schuldig wäre, wie darf man die Un- schuldigen grausam strafen, welche, keinem Anderen verpflichtet, in löblicher Treue mir anhingen?" Diese Worte erzeugten Rührung, aber keine That; und der, dessen Rührung allein hätte in Thaten übergehen können, blieb nicht bloß versteinert gegen die Gründe des Rechts, sondern auch gegen die Ein- drücke, welche Stand, Jugend und Schön- heit der Verurtheilten auf jeden mach- ten. — Da warf Konradin seinen Hand- schuh vom Blutgerüste hinab, damit er dem Könige Peter von Aragonien als ein Zeichen gebracht werde, daß er ihm alle Rechte auf Apulien und Sicilien übertrage. Ritter Heinrich Truchseß von Waldburg nahm den Handschuh auf und erfüllte den letzten Wunsch seines Fürsten. Dieser, aller Hoffnung einer Aen- derung des ungerechten Spruches be- raubt, umarmte seine Todesgenoffen, besonders Friedrich von Oesterreich, zog dann sein Oberkleid aus und sagte, Arme und Augen gen Himmel hebend: „Jesus Christus, Herr aller Kreaturen, König der Ehren! Wenn dieser Kelch nicht vor mir vorübergehen soll, so be- fehle ich meinen Geist in deine Hände!" Jetzo kniete er nieder, rief aber dann noch einmal, sich emporrichtend, aus: „O Mutter, welches Leiden bereite ich dir!" Nach diesen Worten empfing er den Todesstreich. — Als Friedrich das Haupt seines Freundes fallen sah, schrie er in unermeßlichem Schmerze so ge- waltsam auf, daß alle anfingen, zu weinen. Aber auch sein Haupt fiel. — Die Leichen der Hingerichteten wur- den nicht in geweihter Erde begraben, sondern am Strande des Meeres, oder, wie andere erzählen, auf dem Kirch- hofe der Juden verscharrt. Konradins Mutter eilte nach Neapel, ihren Sohn zu lösen, kam aber zu spät, und erhielt bloß die Erlaubniß , eine Kapelle über seinem Grabe zu erbauen. Eine starke Säule von rothem Por- phyr und eine darüber erbaute Kapelle bezeichneten Jahrhunderte lang die Blut- stelle, bis in unsern, gegen Lehren und Warnungen der Vorzeit nur zu gleich- gültigen Tagen die Säule weggebracht, die Kapelle-zerstört und an ihrer Stelle ein Schenkhaus angelegt wurde! 119. Rudolf von Habsburg und Ottokar von Böhmen. sie und das Reich zu schützen, aber Der gesunde Sinn des deutschen Volkes sehnte sich nach der „kaiserlosen, der schrecklichen Zeit," Interregnum ge- nannt, wieder nach Einheit und Gesetz- lichkeit, nach einem kräftigen und guten Herrscher. Klug gemacht durch den offenbaren Nachtheil, den fremdländische Könige dem deutschen Vaterlande gebracht hatten, schlug das Wahlkollegium nur deutsche Fürsten vor, wie Ludwig von Bayern und Rudolf von Habsburg. Doch neben- bei für ihre Sicherheit besorgt, wollten sie einen Herrscher, zwar kräftig genug, nicht so mächtig, um Fürsten oder ein- zelne Städte zu erdrücken. In jedem Falle aber gelobten sie, ihre Rechte dem König gegenüber zu wahren. Für sie war daher Ottokars von Böhmen Macht zu ungeheuer und sein herrschsüchtiger Charakter zu gefährlich. Rudolf von Habsburg dagegen war ganz der Mann, dem Volke Schutz und Schirm zu sein, ohne der Herrschaft der einzelnen Für- sten zu schaden. Auf der andern Seite war er aber doch nicht schwach, denn er war im Elsaß und den oberen Landen
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