1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
123. Die Einführung des Erstgeburtsrechtes in Bayern unter Albrecht Iv.
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123. Die Einführung des Erstgeburtsrechtes in Bayern unter
Albrecht Iv.
Ludwig der Bayer hatte seinen sechs
Söhnen einen namhaften Länderbesitz
hinterlassen, der wohl die Grundlage
eines mächtigen Wittelsbacher-Reiches
hätte werden können. Durch mehrfache
Theilungen aber wurde das Land zer-
splittert und die verschiedenen bayeri-
schen Herzogthümer sanken um so mehr
zur Machtlosigkeit herab, als die Regen-
ten derselben, statt einträchtig einander
zur Seite zu stehen, meist in blutiger
Fehde sich befeindeten.
Als daher nach vielfachen unheil-
vollen Trennungen der größte Theil
des eigentlichen Bayerns unter Al-
brecht Üi. wieder vereinigt war, suchte
dieser weiteren Spaltungen durch die
Bestimmung vorzubeugen, daß stets die
beiden ältesten Söhne gemeinschaftlich
die Regierung führen sollten. Die Un-
theilbarkeit Bayerns festzustellen und zu
sichern gelang nach harten Mühen und
Kämpfen erst Albrechts Iii. drittem
Sohne, wie der Vater Albrecht geheißen
und der vierte dieses Namens. Nach
des Vaters Anordnung hatten die bei-
den ältesten Söhne, Johann und Sigis-
mund, die Regierung angetreten. Doch
ersterer starb bald an der Pest und
letzterer, seiner Neigung zur Musik und
Baukunst, zur Jagd und anderem Zeit-
vertreib nachhängend, überließ die Allein-
regierung an Albrecht. An den Hoch-
schulen Italiens gebildet, besaß der mit
klarem Geiste und vielen Kenntnissen be-
gabte Fürst eine Bildung, wie man sie bei
seinesgleichen in damaliger Zeit selten
traf. Er war entschlossen, die Allein-
regierung zu behaupten, nicht um herrsch-
und selbstsüchtiger Zwecke, sondern um
des allgemeinen Landeswohls willen.
Aber erst nach langwierigem Streite
mit seinen Brüdern gelangte er zum
Ziele. Nach Sigismunds Verzicht ver-
langten die beiden andern Brüder Chri-
stoph und Wolfgang Antheil an der
Regierung, und namentlich der erstere
war gar nicht gewillt, von seinen An-
sprüchen sich abbringen zu lassen. Er
schloß mit dem niederbayerischen Adel
den sogenannten Löwlerbund und suchte
seine Absichten mit Gewalt durchzusetzen.
Albrecht aber überfiel die Häupter des
Bundes, zerstörte ihre Burgen und lös'te
die gefährliche Genossenschaft auf. Nun
erhob Christoph Beschwerde bei den
Ständen und Fürsten und erwirkte einen
Schiedsspruch, der zu seinen Gunsten
ausfiel. Da wußte der kluge Albrecht
ihn durch gütlichen Vergleich zur Ver-
zichtleistung auf die Mitregierung für
den Zeitraum von fünf Jahren zu ge-
winnen. Eifersucht über die wachsende
Macht des herzoglichen Bruders, Vor-
würfe von Seite älterer Freunde und
das Gefühl der Abhängigkeit erweckten
in dem mißvergnügten Christoph Reue
über den gethanen Schritt, und er sann
auf Mittel, den Vertrag wieder zu be-
seitigen. Albrecht überwachte seinen unzu-
friedenen Bruder mit scharfem Auge, und
als im Volke das Gerücht ging, Christoph
habe einen Gemaltstreich vor, so ließ er
diesen in festen Gewahrsam bringen und
gab ihn erst nach längerer Zeit und nur
gegen die Bürgschaft von 36 Adeligen
wieder frei. Ein weiterer Vertrag, erst
auf 10 Jahre, und nach deren Ablauf
für Lebenszeit abgeschlossen, sicherte Alb-
recht gegen Abtretung der Städte Weil-
heim, Schongau, Landsberg und einiger
Schlösser an Christoph endlich die Allein-
herrschaft. Indeß veranlaßte Christophs
wankelmüthiger Sinn immerhin noch
manche Unruhen, und es hörten diese
erst auf mit seinem Tode, der ihn auf
einer Wallfahrtsreise nach Palästina auf
der Insel Rhodus überraschte. Die
Greuel des bald darauf ausgebrochenen
Landshuter Erbfolgekrieges und die nam-
haften Verluste an Land, welche Bayern
in Folge dessen erlitt, mußte Albrecht
nur um so mehr in seinem Entschlüsse
bestärken, solchem Unheile für die Zu-
kunft durch ein bestimmtes Erbfolge-
gesetz vorzubeugen. Im Jahre 1506
wurde dieses auf einem Landtage zu
München festgestellt, nachdem Wolfgang
auf jeden Erbanspruch Verzicht geleistet.
Darnach sollte Bayern nie mehr ge-