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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 306

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
306 Iii. Geschichtsbilder. Bergen standen und unverdrossen mit ihren Büchsen herabzielten, schossen und wieder luden. Dennoch entkam ihnen der französische Anführer. Aber auch die österreichischen Beamten, die Alles ein- richten und leiten wollten, verließen das Land, und der Kaiser Franz, welcher mit Napoleon den Waffenstillstand zu Znaim geschlossen hatte, mußte seine braven Tiroler aufgeben. Die wußten nun nicht, wie sie daran waren, und neues französisches Kriegsvolk drang von allen Seiten in's Land. Da stellten sich der Andreas Hofer und der Speckbacher an die Spitze des Aufgebotes, und das Volk bekämpfte die Feinde, wo es konnte, mit treuem Muthe und gewaltiger Kraft. Es besetzte die Engpässe, durch welche , die Feinde vordringen wollten, schoß von den Höhen auf sie nieder und zer- schmetterte sie durch herabgewälzte un- geheure Felsstücke; die Weiber halfen den Männern; ganz Tirol war nur ein Herz und eine Seele. Nun stellte sich Hofer an die Spitze der Landesregierung in Innsbruck, und besorgte sie nach seiner frommen, einfältigen Weise. Der Speck- bacher zog indessen wachsam umher, um die Grenzen des Landes zu sichern. Mittlerweile wurde der Friede zu Wien ge- schlossen, und Tirol von Oesterreich selbst aufgefordert, sich dem Sieger zu ergeben. Doch hatte Kaiser Franz für Tirol ausdrücklich Vergessenheit und Vergebung alles dessen, was geschehen war (Amnestie) bedungen. Da schrieb der brave Hofer seinem Freunde Speckbacher: „Es ist Alles aus; Oesterreich hat uns ver- gessen!" und seinen Landsleuten schrieb er (am 8. November): „Aller Widerstand hört jetzt auf." Aber ein gewisser Kolb, ein Adliger von Geburt, täuschte den gläubigen Hofer durch allerlei erlogene Nachrichten von den Siegen der Kaiser- lichen; dieser Kolb und ein gewisser Donay gewannen Hofers ganzes Ver- trauen und verleiteten ihn, daß er am 15. November die Männer im Vintsch- gau und im Oberinnthal auf's Neue aufrief, die Waffen zu ergreifen. Das war den Franzosen gar lieb; denn sie nahmen dies zum Vorwand und Anlaß, j den Hofer für vogelfrei zu erklären. Er war nun in seiner Heimat nirgends mehr vor Aufpassern und Schergen sicher, hätte aber leicht entfliehen und sein Leben retten können. Das möcht' er nicht, aus An- hänglichkeit an sein liebes Tirol und er barg sich lieber in einer einsamen Alpen- hütte am Passeier unter Schnee und Eis zwei Monate lang vor seinen Verfolgern. Endlich verrieth ihn Donar), welcher es jetzt mit den Siegern hielt, und führte die Häscher am 30. Januar 1810 mitten in der Nacht zu Hofers einsamer Hütte auf der Alp hinan. Dreimal pochen die Häscher; da tritt Hofer heraus und sagt ihnen frei und stolz: „Ja, ich bin's, den ihr sucht, schont nur mein Weib und meine Kin- der." Sie ergreifen ihn, nehmen ihn ge- fangen und bringen ihn, mit Ketten ge- fesselt, nach Mantua. Dort wird er vor ein französisches Kriegsgericht gestellt, und auf Gebot des Vicekönigs von Italien zum Tode verurtheilt. Am 20. Februar 1810 führt man ihn auf eine Bastei der Festung. Wie er seine ge- fangenen Landsleute sieht, segnet und tröstet er sie noch mit den Worten: „Das Land Tirol kommt doch noch unter den Kaiser Franz." Endlich er- reicht er den Platz, wo er sterben soll. Man will ihm die Augen verbinden, aber Hofer leidet's nicht; auch will er nicht niederknien und ruft stehend den feindlichen Soldaten muthig zu: „Feuer". Da knallen die Gewehre und der Mann des Volkes sinkt, treu dem Kaiser und seinem Land Tirol, in sein Blut. Der Kapuziner Haspinger und der Speck- bacher entrannen glücklich den Nachfor- schungen der Feinde nach Wien. Land und Volk Tirol mußten sich nun der Gewalt fügen. Hofers Familie erhob der Kaiser später in den Adelstand; das Tiroler Volk aber hat sich durch seinen Muth und seine Treue für alle Zeiten selbst geadelt.
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