1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
145. Die letzten Tage des Königs Maximilian Ii.
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Und wenn die Priester beten den langen Klagchoral,
Glüht da noch der Begeisterung, der Liebe warmer Strahl:
Der war ein großer König, der war der Menschheit Held,
Werth, daß ihm noch die Thräne des fernen Enkels fällt.
Bei hingegangenen bedeutenden Men-
schen drängt sich neben der Frage: wie
haben sie gelebt? unwillkürlich auch die
auf: wie haben sie geendet? Die Ge-
schichte weis't uns gar viele Beispiele
auf, wo ein glanzvolles und viel be-
neidetes Leben mit unsäglichem Jam-
mer abschloß, wobei uns das Wechsel-
volle, Trügerische und Nichtige alles
Irdischen recht klar vor die erschütterte
Seele geführt wird. Ruhig und erhebend
dagegen wird das Gemüth gestimmt,
wenn wir vernehmen, wie dem Leben
eines ausgezeichneten Menschen auch sein
Ende entsprach, wie er den Adel seines
Wesens bis zum letzten Hauche bewahrte
und beim Scheiden alle Schmerzen und
Schauer eines qualvollen Todes mit
Muth und Ergebung überwand.
Ein solches Beispiel gibt uns das
Hinscheiden des Königs Maximilian Ii.
von Bayern, des Herrschers mit dem
besten Herzen.
Auf den Rath seiner Aerzte begab
sich König Maximilian im Oktober 1863
nach Italien, in dessen milder Luft er
Stärkung und Erholung seiner ange-
griffenen Gesundheit zu finden hoffte.
Da brach der Hader um Schleswig-
Holstein auf's Neue aus, und kein Ruhig-
blickender konnte sich die Gefahren ver-
hehlen, welche aus diesem Streite für
Deutschland erwachsen würden. König
Max hatte in der Schleswig-Holstein-
schen Frage stets mit aller Gewissen-
haftigkeit den strengen Standpunkt des
Rechtes festgehalten. Auf ihn richteten
sich daher bei den eingetretenen Ver-
wickelungen die Blicke aller redlichen
Baterlandsfreunde, nicht nur in Bayern,
sondern in ganz Deutschland, und be-
sonders die Blicke der Schleswig-Hol-
steiner selbst. Bei der bedenklichen Lage,
in welche diese Angelegenheit durch das
bundeswidrige Verhalten Preußens und
Oesterreichs gekommen war und bei der
täglich wachsenden Aufregung in Deutsch-
land wurde in Bayern der Wunsch laut,
es möge der Landesvater aus Italien
L. A. Frankl.
zurück kehren. Sofort erklärte Maxi-
milian sich zur Erfüllung dieses Wun-
sches bereit, obgleich er fühlte, die Sorge
für seine Gesundheit fordere noch auf
längere Zeit Ruhe und milderes Klima.
„Mein Volk ahnt nicht, welches Opfer
ich ihm bringe. Dasmilde Klima Italiens
ist mir zur Wiedererlangung meiner Ge-
sundheit unerläßlich; ich fühle es, daß
ich größerer Schonung bedarf, als meine
Aerzte glauben," — so äußerte er zum
Freiherrn v. Wendtland. Dennoch ließ
er gleich nach München telegraphisch be-
richten, daß er unverweilt in seine treue
Hauptstadt zurück kehre, eingedenk seiner
Regentenpflichten, die er stets über Alles
gestellt habe. Schon am 15. Dezember
kam er, vom Jnbel des Volkes empfan-
gen, in München an. Mit aller Ent-
schiedenheit trat er nun für die Rechte
der Herzogthümer ein, und es war sein
und seiner Regierung ernstestes Bestre-
den, bei dem Bunde und durch den
Bund die Lösung der verwickelten Streit-
frage zu erzielen. Leider scheiterten seine
wohlmeinenden Absichten an dem Wider-
streben der beiden „Vormächte Deutsch-
lands", wie sich Preußen und Oester-
reich nannten. Neben der angestreng-
ten und aufregenden Thätigkeit für die
Sache der Herzogthümer, wie sie Maxi-
milian bis zum letzten Tage seines
Lebens entfaltete, mag der Schmerz über
die unerquickliche Wendung derselben
nicht wenig dazu beigetragen haben,
daß des Königs angegriffene Gesund-
heit völlig erschüttert und daß endlich
jener schnelle und unerwartete Ausgang
herbeigeführt wurde, welcher Bayern in
so tiefe Trauer versetzte.
Sonntags den 6. März fühlte der
König beim Reiben der Haut mit einer
Bürste, was er seit einem Jahr zu
thun gewohnt war, auf der linken Seite
der Brust einen oberflächlichen Schmerz
und stand sogleich vom Reiben ab.
Schon am Abende hatte sich an der
schmerzenden Stelle eine Geschwulst ge-
bildet, welche sich immer mehr und zwar