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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 330

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
330 Iii. Geschichtsbilder. hinreichend Brod wirst verdienen kön- nen." Christoph Schmid war höchst bestürzt; er hatte durchaus keine Neigung, ein ge- wöhnlicher Schreiber zu werden und ver- langte sehnlich, fortstudiren zu dürfen. Aber da er keine Aussicht dazu hatte, schrieb er den Sachverhalt seinem Jugend- freunde Brentano in Dillingen, der unter allen Mitschülern stets das meiste Wohl- wollen gegen ihn bewiesen hatte. Zu- gleich empfahl er seine Angelegenheit dem lieben Gott und flehte herzlich zu ihm, er wolle Alles so leiten, wie es am besten sei. Und siehe, Gott half. Sogleich mit umgehender Post kam ein Brief seines Freundes, des Inhalts, Christoph Schmid solle auf der Stelle nach Dillingen kommen, allwo er bei dem Geheimrath v. Weber eine ehren- volle Stelle als Hauslehrer fände, die ihm nicht nur Unterhalt, sondern auch hinreichende Zeit zum Studiren gewähre. Wer war froher als Christoph! Seine Mutter gab gerne ihre Einwilligung und so pilgerte der mit neuer Hoffnung er- füllte Sohn, obwohl bereits große Kälte herrschte, zu Fuß nach Dillingen. Da erfuhr er, daß die Hauslehrerstelle ur- sprünglich für seinen Freund Brentano bestimmt gewesen war, daß dieser aber darauf verzichtet und Christoph Schmid für dieselbe empfohlen hatte. Zwei Jahre brachte Christoph Schmid in diesem Hause zu, mit größter Gewissenhaftigkeit seinem Unterrichte und seinen Studien obliegend. Nun entschloß er sich, in's Clerikal- Seminar zu Dillingen zu treten, da sein stiller, frommer Sinn ihn zum geist- lichen Stande hinzog. Hier gewann er einen väterlichen Freund, den nach- mals so berühmt gewordenen Michael Sailer, der auf seine Geistesrichtung und seine Lebensschicksale den entschiedensten Einfluß hatte. Nach erlangter Priester- weihe übernahm Christoph Schmid zuerst einige Kaplaneien und dann das Schul- beneficium zu Thannhausen. Hier ent- faltete er eine höchst ersprießliche Thätig- keit. Seine ganze Sorge widmete er dem Unterrichte der Jugend und seine Schule konnte mit Recht eine Muster- schule genannt werden. Wie er Liebe lehrte, so übte er sie auch aus, indem er, Rather und Helfer in allen Ange- legenheiten seiner Pfarrangehörigen, von seinem geringen Einkommen Arme und Dürftige nach Kräften unterstützte und selbst aus seiner Küche den Kranken und Nothleidenden Speise spendete. Zu Thannhausen war es auch, wo sich die ersten Blüthen seiner schrift- stellerischen Thätigkeit entwickelten. Zu- erst schrieb er seine „biblische Geschichte", dann folgte „der erste Unterricht von Gott"; hiernach die erste seiner meister- haften Erzählungen: „die Ostereier", sodann „Genovefa" u. a. m. Diese Er- zählungen schrieb der Jugendfreund zu- nächst für seine Schüler, denen er sie an Sonntagnachmittagen vorlas. Mit ungemeiner Spannung erwartete die Jugend diese Stunde und mit größter Aufmerksamkeit folgte sie dem Vortrage des Verfassers. Nicht selten war die Rührung so groß, daß Thränen flössen und ein lautes Schluchzen entstand. Von dem unbedeutenden Dörfchen aus fanden diese Erzählungen den Weg durch die ganze Welt, und sie sind in die Sprachen aller gebildeten Völker übersetzt worden. Um seine liebe Schule nicht verlassen zu müssen, schlug Christoph Schmid einen Ruf als Professor nach Dillingen aus, entschloß sich aber doch, später seine Stelle mit einer andern, und zwar mit der Pfarrei Oberstadion in Württem- berg, zu vertauschen, wo er der Schule gleichfalls fortwährend eifrige Sorge zu- wendete. Mehrere ehrenvolle Posten wur- den ihm angetragen: eine Professur an der Universität Tübingen, das Direktorium des geistlichen Seminars zu Rottenburg und eine Anstellung im Fürstenthum Sigmaringen. Er lehnte sie ab. Als jedoch König Ludwig I. von Bayern auf Sailers Antrag ihn nach Augsburg in das Domkapitel berief, folgte er dem Rufe und trat am 21. Mai 1827 in den Chor ein. Auch in diesem neuen Wirkungskreise setzte er seine Thätigkeit für die Schule fort, und arbeitete fleißig an weiteren Jugend- schriften, deren er im Ganzen 45 ver- öffentlichte. Ein Freudentag für den ehrwürdigen Mann war die Feier seines 50 jährigen Priesterjubiläums, welche er auf Wunsch
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