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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 433

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
86. Der Taucher. 433 5. Ich singe, wie der Vogel singt, Der in den Zweigen wohnet; Das Lied, das aus der Kehle dringt Ist Lohn, der reichlich lotinet. Doch, darf ich bitten, bitt ich Eins: Laßt mir den besten Becher Weins In purem Golde reichen."" 6. Er setzt ihn an, er trank ihn aus: „,,O, Trank voll süßer Labe! O, wohl dem hochbeglückten Haus, Wo das ist kleine Gabe! Ergeht's euch wohl, so denkt an mich, Und danket Gott, so warm, als ich Für diesen Trunk euch danke."" 86. Der Bon Friedrich 1. „Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp', Zu tauchen in diesen Schlund? Einen gold'nen Becher werf' ich hinab, Verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund. Wer mir den Becher kann wieder zeigen, Er mag ihn behalten, er ist sein eigen." 2. Der König spricht es und wirft von der Höh' Der Klippe, die schroff und steil Hinaushä'ngt in die unendliche See, Den Becher in der Charybde Geheul. „Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, Zu tauchen in diese Tiefe nieder?" 3. Und die Ritter, die Knappen um ihn her Vernehmen's und schweigen still, Sehen hinab in das wilde Meer, Und Keiner den Becher gewinnen will. Und der König zum drittenmal wieder fraget: „Ist Keiner, der sich hinunter waget?" 4. Doch Alles noch stumm bleibt wie zuvor — Und ein Edelknabe, sanft und keck, Tritt aus der Knappen zagendem Chor, Und den Gürtel wirst er, den Mantel weg, Und all' die Männer umher und Frauen Auf den herrlichen Jüngling verwundert schauen. 5. Und wie er tritt an des Felsen Hang Und blickt in den Schlund hinab, Die Wasser, die sie hinunter schlang, Die Charybde jetzt brüllend wiedergab, Und, wie mit des fernen Donners Getose, Entstürzen sie schäumend dem finstern Schooße. 6. Und es wallet und siedet und brauset und Zischt, Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt, Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt, Und Fluth auf Fluth sich ohn' Ende drängt, Und will sich nimmer erschöpfen und leeren, Als wollte das Meer noch ein Meer gebären. 7. Doch endlich, da legt sich bte wilde Gewalt, Und schwarz aus dem weißen Schaum Klafft hinunter ein gähnender Spalt, Grundlos, als ging's in den Höllenraum, Und reißend sieht man die brandenden Wogen Hinab in den strudelnden Trichter gezogen. 8. Jetzt schnell, eh' die Brandung wiederkehrt, Der Jüngling sich Gott befiehlt, Und — ein Schrei des Entsetzens wird rings gehört, Und schon hat ihn der Wirbel hinweggespült, Und geheimnißvoll über dem kühnen Schwimmer Schließt sich der Rachen; er zeigt sich nimmer. Marschall, Lesebuch. Taucher. v. Schiller. 9. Und stille wird's über dem Wasserschlund, In der Tiefe nur brauset es hohl, Und bebend hört man von Mund zu Mund: „Hochherziger Jüngling, fahre wohl!" Und hohler und hohler hört man's heulen, Und es harrt noch mit bangem, mit schrecklichem Weilen. 10. Und wärf'st du die Krone selber hinein Und spräch'st: Wer mir bringet die Krön', Er soll sie tragen und König sein! Mich gelüstete nicht nach dem theuren Lohn. Was die heulende Tiefe da unten verhehle, Das erzählt keine lebende, glückliche Seele. 11. Wohl manches Fahrzeug, vom Strudel gefaßt, Schoß jäh in die Tiefe hinab; Doch zerschmettert nur rangen sich Kiel und Mast Hervor aus dem Alles verschlingenden Grab — Und heller und heller, wie Sturmes Sausen, Hört man's näher und immer näher brausen. 12. Und es wallet und siedet und brauset und zischt, Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt, Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt, Und Well' auf Well' sich ohn' Ende drängt, Und wie mit des fernen Donners Getose, Entstürzt es brüllend dem finstern Schooße. 13. Und sieh'! aus dem finster fluthenden Schooß, Da hebet sich's schwanenweiß, Und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloß, Und es rudert mit Kraft und mit emsigem Fleiß, Und er ist's und hoch in seiner Linken Schwingt er den Becher mit freudigem Winken. — 14. Und athmete lang und athmete tief Und begrüßte das himmlische Licht. Mit Frohlocken es Einer dem Andern rief: „Er lebt! er ist da! es behielt ihn nicht! Aus dem Grab, aus der strudelnden Wasserhöhle Hat der Brave gerettet die lebende Seele." 15. Und er kommt, es umringt ihn die ju- belnde Schaar; Zu des Königs Füßen er sinkt, Den Becher reicht er ihm knieend dar, Und der König der lieblichen Tochter winkt, Die füllt ihn mit funkelndem Wein bis zum Rande; Und der Jüngling sich also zum König wandte: 16. „Lang lebe der König! Es freue sich, Wer da athmet im rosigen Licht! Da unten aber ist's fürchterlich, Und der Mensch versuche die Götter nicht Und begehre nimmer und nimmer zu schauen, Was sie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen! 28
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