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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 436

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
436 Ii. Epische Dichtungen. 15. „Das Kirchlein kennst du, Herr, das hoch Auf eines Felsenberges Joch, Der weit die Insel überschauet, Des Meisters kühner Geist erbauet, Verächtlich scheint es, arm und klein, Doch ein Mirakel schließt es ein, Die Mutter mit dem Jesusknaben, Den die drei Könige begaben. Auf dreimal dreißig Stufen steigt Der Pilgrim nach der steilen Höhe; Doch, hat er schwindelnd sie erreicht, Erquickt ihn seines Heilands Nähe." 16. „Tief in den Fels, auf dem es hängt, Ist eine Grotte eingesprengt, Vom Thau des nahen Moors befeuchtet, Wohin des Himmels Strahl nicht leuchtet. Hier hausete der Wurm und lag, Den Raub erspähend, Nacht und Tag. So hi lt er, wie der Höllendrache, Am Fuß des Gotteshauses Wache; Und kam der Pilgrim hergewallt Und lenkte in die Unglücksüraße, Hervorbrach ans dem Hinterhalt Der Feind und trug ihn fort zum Fraße." 17. „Den Felsen stieg ich jetzt hinan, Eh' ich den schweren Sirauß begann; Hin kniet' ich vor dem Christuskinde Und reinigte mein Herz von Sünde. D'rauf gürt' ich mir im Heiligthum Den blanken Schmuck der Waffen um, Bewehre mit dem Spieß die Rechte, Und nieder steig' ich zum Gefechte. Zurücke bleibt der Knappen Troß; Ich gebe scheidend die Befehle, Und schwinge mich behend auf's Roß, Und Gott empfehl' ich meine Seele." 18. „Kaum seh ich mich im eb'nen Plan, Flugs schlagen meine Doggen an, Und bang beginnt das Roß zu keuchen Und bäumet sich und will nicht weichen; Denn nahe liegt, zum Knäu'l geballt, Des Feindes scheußliche Gestalt Und sonnet sich auf warmem Grunde. Auf jagen ihn die flinken Hunde; Doch wenden sie sich pfeilgeschwind, Als es den Rachen gähnend theilet Und von sich haucht den gift'gen Wind Und winselnd wie der Schakal heulet." 19. „Doch schnell erfrisch' ich ihren Muth, Sie fassen ihren Feind mit Wuth, Indem ich nach des Thieres Lende Aus starker Faust den Speer versende; Doch machtlos, wie ein dünner Stab, Prallt er vom Schuppenpanzer ad, Und eh' ich meinen Wurf erneuet, Da bäumet sich mein Roß und scheuet An seinem Basiliskenblick Und seines Athems gift'gem Wehen, Und mit Entsetzen springt's zurück, Und jetzp war's um mich geschehen —" 20. „Da schwing' ich mich behend vom Roß, Schnell ist des Schwertes Schneide bloß; Doch alle Streiche sind verloren, Den Felsenharnisch zu durchbohren. Und wüthend mit des Schweifes Kraft Hat es zur Erde mich gerafft; Schon seh' ich seinen Racken gähnen, Es haut nach mir mit grimmen Zähnen, Als meine Hunde, wuthentbrannt, An seinen Bauch mir grimm'gen Bissen Sich warfen, daß es heulend stand, Von ungeheurem Schmerz zerissen," 21. Und, eh' es ihren Bissen sich Entwindet, rasch erheb' ich mich, Erspähe mir des Feindes Blöße Und stoße tief ihm in's Gekröse, Nachbohrend bis an's Heft, den Stahl; Schwarzqnellend springt des Blutes Strahl; Hin sinkt es und begrabt im Falle Mich mit des Leibes Riesenballe, Daß schnell die Sinne mir vergeh'n. Und als ich nengestärkt erwache, Seh' ich die Knappen um mich steh'n, Und todt im Blute liegt der Drache." 22. Des Beifalls lang gehemmte Lust Befreit jetzt aller Hörer Brust, So wie der Ritter dies gesprochen; Und zehnfach am Gewölb gebrochen, Wälzt der vermischten Stinimen Schall Sich brau'end fort im Wiedcrhall. Laut fordern selbst des Ordens Söhne, Daß man die Heldenstirne kröne, Und dankbar im Trinmphgedräng Will ihn das Volk dem Volke zeigen; Da faltet seine Stirne streng Der Meister und gebietet Schweigen. 24. Und spricht: „Den Drachen, der dies Land Verheert, schlugst du mit tapfrer Hand; Ein Gott bist du dem Volke worden, Ein Feind kommst du zurück dem Orden, Und einen schlimmern Wurm gebar Dein Herz, als dieser Drache war. - Die Schlange, die das Herz vergiftet, Die Zwietracht und Verderben stiftet, Das ist der widerspenst'ge Geist, Der gegen Zucht sich frech empöret, Der Ordnung heilig Band zerreißt; Denn der ist's, der die Welt zerstöret." 24. „Muth zeiget auch der Mameluck, Gehorsam ist des Christen L-chmuck; Denn wo der Herr in seiner Größe Gewandelt hat in Knechtesblöße, Da stifteten aus heil'gem Grund Die Väter dieses Ordens Bund, Der Pflichten schwerste zu erfüllen, Zn bändigen den eig'nen Willen. Dich hat der eitle Ruhm bewegt, D'rum wende dich aus meinen Blicken! Denn wer des Herren Joch nicht trägt, Darf sich mit seinem Kreuz nicht schmücken." 25. Da bricht die Menge tobend ans, Gewalt'ger Sturm bewegt das Haus, Um Gnade flehen alle Brüder; Doch schweigend blickt der Jüngling nieder, Still legt er von sich das Gewand Und küßt des Meisters strenge Hand Und geht. Ter folgt ihm mit dem Blicke, Dann ruft er liebend ihn zurücke Und spricht: „Umarme mich, mein Sohn! Dir ist der härt're Kampf gelungen. Nimm dieses Kreuz. Es ist der Lohn Der Demuth, die sich selbst bezwungen."
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