1807 -
Soest
: Floß
- Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Krankheit erforsche. D-r Kranke muß dann den Rath
und die Anweisung des Arztes in Ansehung der Lebens-
ordnung, des Essens und Trinkens genau befolgen, und
die verordneten Arzneien treulich und zur rechten Zeit
gebrauchen. Auch muß er diese Arzneien bis zum Aus-
gange der Krankheit fortbrauchen, und nicht ungedul-
dig oder mißtrauisch werden, wenn die Krankheit nicht
gleich nach der ersten Arznei vergeht, denn das ist eben
so unmöglich, als daß ein Baum auf den ersteu Hieb
falle.
Die Pfleaer eines Kranken müssen mit ihm, als mit
einem Unglücklichen, sanft und liebreich umgehen, ihn
sorgfältig warten und pflegen, nicht viel mit ihm reden,
so lange die Krankheit noch gefährlich ist, und dafür
sorgen, daß es still und ruhig um ihn her sey, und daß
er immer frische, reine und trockne Luft habe.
Gustav war so leichtgläubig, daß er alles für wahr
annahm, was er hörte, ohne zu untersuchen, ob cs
auch wahr seyn könne. Diese Leichtgläubigkeit hatte ilm
auch zum Aberglauben gebracht: denn wenn ihm jemand
sagte: ln diesem oder jenem Hause spuke rin Gespenst
so glaubte er es, und erzählte es andern als zuver-
laßig gewiß; oder wenn man ihm weiß machte, cs
stürbe jemand in dem Hause, vor welchem eine Eule
schrie, oder ein Hund heulte: so zweifelte er nicht im
geringsten daran, und er glaubte also eine Wirkung
die von der angegebenen Ursache nicht herkommen konn-
te, das heißt: er war abergläubig.
Eiustmal .bekam er einen Schaden aus heiler Haut
wie man zu sagen pflegt. Anstatt daß er nun einen or-
dentlichen Arzt hätte um Rath fragen sollen, ließ er sich
vielmehr von einer alten Frau bereden, die Wunde mit
einem sogenannten Johannishölzchen (ein Holz, welches
am Johannistage von einem Baum geschnitten worden
ist) zu berühren, und glaubte, daß sie dadurch allein,
ohne andere Mittel, heilen sollte. Da die Frau ihn
versicherte, daß dieses schon mehreren geholfen hätte
welche sie namentlich anführte: so verließ er sich ft fest
darauf, daß er an keine ordentliche Kur dachte.
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