1854 -
Münster
: Aschendorff
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
45
Es wächst und blühet lieblich
zart
Nach eigner, wundersamer Art
Am häuslich-stillen, frommen
Heerd,
Wo Gott und Tugend wird geehrt.
Ein Englein pfleget und be-
wahrt
Das schöne Röslein eigner Art
Mit Treue und mit Heiterkeit
Im Frühling unsrer Erdenzeit.
Laßt nicht das Englein von
euch flieh'n,
Das Röslein nicht so schnell ver-
blühn.
Kein Kleinod schmücket euch so schön.
Als dieses Röslein, Röslein schön!
Und diese beiden, schön und hold.
Viel schöner, als der Erde Gold,
Und alle ihre Herrlichkeit,
Sind Unschuld und Schamhaf-
tigkeit.
55 Silbenräthfel.
Durch dunkle Nacht drängt sich das erste Silbenpaar,
Auf zartem Weiß stellt sich das zweit' am schönsten dar.
Mög' oft das Ganze dein erwachend Aug' erfreuen
Und ungetrübt die Lust des Lebens dir erneuen.
58. Der Mutter Lehren.
(Aus der Chronik des Johannes Laurenburger von Clemens
Brentano.)
Ich bin geboren am 20. Mai 1318 zu Polsnich an der
Lahn, das ist ein Hof, der gehört zum Kloster Arnstein, darin
ich getauft wurde Johannes. Meine Mutter selig wohnte
in einem kleinen Häuschen vor dem Hof. Meinen Vater habe
'ch sehr frühe verloren.
Das Erste, dessen ich mich aus frühster Jugend von meiner
Mutter recht deutlich erinnere, ist, daß sie mich lehrte, mich
mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes zu bezeichnen, und die
Hände zu falten und das Vater unser und den englischen Gruß
zu beten. Sie sagte mir die Gebete vor, ich schaute nach ihren
Lippen und sprach ihr nach, und ich erinnere mich noch sehr
deutlich meiner großen Freude, als ich zum ersten Male Abends
neben ihr an ihrem Betschemel kniete, und diese heiligen Ge-
bete mit ihr fertig und ohne Fehl sprach. Jetzt noch, wenn
ich bete , ist es mir oft, als schaute ich nach ihren Lippen und
spräche ihr nach. Sie war arm, fromm und arbeitsam, und
wenn ich sie gleich später in mancherlei Geschäft gesehen, schwebt
mir ihr Bild doch meistens betend, singend oder spinnend vor