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1. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 120

1854 - Münster : Aschendorff
120 bis endlich ein großes Schiff seine Aufmerksamkeit auf sich zog, das vor kurzem aus Ostindien angelangt war und jetzt eben ausgeladen wurde. Schon standen ganze Reihen von Ballen und Kisten auf und neben einander am Lande. Noch immer wurden mehrere herausgewälzt und Fässer voll Zucker und Kaffee, voll Reis und Pfeffer. Als er aber lange zugesehen hatte, fragte er endlich einen Mann, der eben eine Kiste auf der Achsel heraustrug, wie der glückliche Mann heiße, dem das Meer alle diese Waaren an das Land bringe. „Kannitverstan", war die Antwort. Da dachte er: „Aha, schaut's da heraus? Kein Wunder, wem das Meer solche Reichthümer an das Land schwemmt, der hat gut solche Häuser in die Welt zu stellen, und solcherlei Tulipanen an die Fenster in vergoldeten Scher- den." Jetzt ging er wieder zurück und stellte eine recht trau- rige Betrachtung an, was er für ein armer Tropf sei unter so vielen reichen Leuten in der Welt. Aber als er eben dachte: „Wenn ich's doch auch einmal so bekäme, wie dieser Herr Kan- nitverstan," kam er um eine Ecke und erblickte einen groß- ßen Leichenzug. Vier schwarzvermummte Pferde zogen einen ebenfalls schwarzüberhangenen Leichenwagen langsam und trau- rig, als ob sie wüßten, daß sie einen Todten in seine Ruhe führten. Ein langer Zug von Freunden und Verwandten des Verstorbenen folgte nach, verhüllt in schwarze Mäntel und stumm. In der Ferne läutete ein einsames Glöcklein. Jetzt ergriff unsern Fremdling ein wehmüthiges Gefühl, das an kei- nem guten Menschen vorübergeht, wenn er eine Leiche sieht, und er blieb mit dem Hut in den Händen andächtig stehen, bis Alles vorüber war. Doch machte er sich an den Letzten im Zug, der eben in der Stille ausrechnete, was er an seiner Baum- wolle gewinnen könne, wenn der Centner um 10 Gulden auf- schlüge, ergriff ihn sachte am Mantel und bat ihn treuherzig um Erküse. „Das muß auch wohl ein guter Freund von euch gewesen sein", sagte er, „dem das Glöcklein läutet, daß ihr so betrübt und nachdenklich mitgeht?" „Kannitverstan", war die Antwort. Da fielen unserm guten Tuttlinger ein paar große Thränen aus den Augen, und es ward ihm auf einmal schwer und wieder leicht um das Herz. „Armer Kannitverstan", rief er aus, „was hast du nun von allem deinem Reichthum? Was
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