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1. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 130

1854 - Münster : Aschendorff
130 nähmest, die Beiden sind ja so reich, haben so viele Güter, Felder, Wiesen und Büsche, haben noch so manches schöne Ka- pital ausstehen, sie werden noch immer Ueberflüssiges für sich behalten." — „Doch," mahnte wieder die bessere Stimme in ihm, „ist und bleibt es nicht gestohlen? Gott bewahre mich vor Diebstahl!" Und nun betete er leise noch einige Vaterunser. Da rief auf einmal eines seiner Kinder, welches im näm- lichen Zimmer mit ihm schlief, im Traume laut auf: „Vater! Vater!" Er richtete sich eilig in die Höhe und horchte; aber der Knabe schlief ruhig weiter. „Ach!" dachte er, „ihr guten Kinder! Noch ruht ihr sorglos und kennt die Plagen dieses Lebens nicht, kennt nicht die Sorgen eurer armen Eltern. Wie sehr wir uns auch abmühen, wie sparsam wir auch leben, kaum können wir für euch den nothdürftigsten Unterhalt uns erwerben. Nur ein kleines Unglück braucht uns zu treffen, Einer von uns Beiden braucht nur zu erkranken, und wir sind nicht mehr im Stande, euch zu nähren und zu kleiden, müssen euch von Thüre zu Thüre schicken...." „Ha, betteln!" rief er ergrimmt. „Nein, nie und nimmermehr! Eher will ich.... Sie sind ja unverheirathet, sie haben für keine Kinder zu sorgen. Sie fühlen es nicht, wie hart es einem Vater wird, den Hunger seiner Kinder nicht stillen zu können. Was thun sie auch mit ihrem Gelde? Soll ich....? Gott, Gott, führe mich nicht in Versuchung!" — „Und kein Mensch wird's gewahr," flüsterte es ihm nach einer Weile wieder zu. „Du kannst ja an der anderen Seite über die Hecke klettern, dort noch eine Strecke in entgegenge- setzter Richtung über das Feld fortlaufen, und dadurch jeden Verdacht von dir abwälzen. Außerdem werden die Beiden wahrscheinlich nicht einmal davon zu sprechen wagen, aus Furcht, daß sie nur von den Leuten verlacht und verspottet würden. Gewiß, cs ist keine Gefahr dabei; was das angeht, könnte ich es nur unbesorgt ausführen. — Da schlägt es ein Uhr. Alles ist so still! Kein Mensch ist mehr wach! In zehn Minu- ten ist der Schatz gehoben, und ich bin ein reicher Mann und kann meine Kinder ehrlich ernähren.... Aber was sag' ich? Ehrlich? Wäre das ehrlich? Und wenn es auch kein Mensch sieht, sieht es nicht Gott, mein einstiger Richter?!" „Nein, nein,"
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