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1. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 195

1854 - Münster : Aschendorff
Wer zeigt ihnen den Weg durch die Luft, wo keine Straße abge- steckt, kein Wegweiser hingestellt ist? Und doch verliert keine den Weg, jede kommt wieder am rechten Ort an und zu rechter Zeit. Dieselbe Schwalbe, die vergangenes Jahr in deinem Hausflur ihr Nest baute, kommt heuer wieder zu dem ihr wohlbekannten Hause, und ihre Söhne und Töchter bauen sich in der Nähe wiederum ihr Nest, das sie das künftige Jahr gleichfalls wieder heimsuchen. Warum bauen sie aber daö Nest? Wissen sie denn vorher, daß sie Junge bekommen werden? Sie bauen das Nest gerade so groß, daß 6 bis 8 Junge darin Platz haben, ganz so, als ob ihnen Jemandschon im Voraus gesagt hätte, sie würden 6 bis 8 Eier legen. Das Weibchen macht zuerst an dem Orte, wo das Nest angebracht wer- den soll, mit dem Männchen gemeinschaftlich eine Unterlage; als- dann setzt es sich auf diese nieder, dreht den Kopf und die Füße nach allen Seiten hin und her, mißt den Raum für sich und seine künftige Familie, drückt und knetet die feuchte Erdmasse, welche das Männchen herbeischafft, fest zusammen und gibt mit dem Schna- bel und den Füßen, so wie durch öfteres Herumdrehen des Kör- pers dem Neste diejenige Gestalt und Größe, die seinen Bedürf- nissen auf daö Genaueste entsprechen. Sonst verstehen cö meist nur die Weibchen, das Nest zu bauen und einzurichten; bei den Schwalben verstehen es aber auch die Männchen und helfen ge- treulich mit formen, wenn Material genug da ist. Die Schwal- den haben keinen Verstand, wie du; sie können nicht denken, wie ein Mensch, und doch handeln sie mit einer solchen Ueberlegung und solcher Weisheit, daß sie Menschen beschämen könnten. Sie thun jederzeit das Rechte, weil Gott für sie denkt und ihnen sagt, was sie thun sollen; denn der Schöpfer ist es, der sie daö Nester- bauen lehrt und ihnen den Weg durch den weiten Himmelsraum zeigt. Darum fliegen sie getrost bei Tag und Nacht, ohne Angst und Sorge, ob sie auch Nahrung finden werden: überall, wohin sie kommen, ist schon für sie der Tisch gedeckt. Und weil eine hö- here, unsichtbare Hand ihnen bauen hilft, so wird das Nest auch so gut und fest, daß die Jungen vor Wind und Regen trefflich geschützt sind, und daß die Alten viele Jahre lang ihr altes Haus stets wohl erhalten finden und immer von Neuem ihre Eier hinein- legen können. Ein Naturforscher band einem Paar Schwalben, die in seinem Hause nisteten, einen Seidenfaden an die Beine, um sie wieder zu erkennen; und siche, sie kehrten 18 Jahre lang in dieselben Nester zurück, die so gut angelegt waren, daß selten eine Ausbesserung vorgenommen wurde. Man nahm eine Rauch- schwalbe zur Zeit als sie brütete, verschloß sie in einen Käfig und reiste mit ihr viele Meilen weit fort. Darauf gab man ihr wieder die Freiheit, und der Vogel erhob sich erst hoch in die Luft, als wollte er sich umschauen und zurecht finden; dann rich- 13 *
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