1854 -
Münster
: Aschendorff
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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ziehen des Seiles in seiner rechten Hand, und wird sogleich an
demselben in das Boot hinaufgezogen, wobei er den Stein zurück-
läßt, der nachher an dem daran befestigten Seil gleichfalls herauf-
gewunden wird. Die Verrichtung der Taucher ist mit einer sol-
chen Anstrengung verknüpft, daß, wenn sie wieder in das Boot
zurückkommen, ihnen häufig Blut aus Mund, Ohren und Nasen-
löchern herausfließt; allein dies hindert sie nicht, abermals unter-
zutauchen, sobald die Reihe wieder an sie kommt. Oft machen sie
an einem Tage 40—50 Sprünge, und bringen bei jedem Sprunge
ungefähr 100 Muscheln herauf. Einige Taucher reiben sich den
ganzen Körper mit Oel ein und verstopfen sich die Ohren und
Nase, damit das Wasser nicht hineindringen könne; andere hinge-
gen treffen nicht die mindeste Vorkehrung. Die Zeit, die sie unter
dem Wasser zubringen können, beträgt zwar in der Regel nur 2
Minuten, allein man hat Beispiele von Tauchern, die es 4 und
sogar 5 Minuten aushalten konnten. Mit diesem Geschäfte eines
Tauchers, das den Europäern im höchsten Grade schwer und ge-
fährlich vorkommen muß, werden die Indianer von Kindheit an
vertraut. Die größte Gefahr, der sie ausgesetzt sind, besteht darin,
daß sich ihnen ein Haifisch nähert, während sie unter dem Wasser sind.
Die von den Tauchern heraufgebrachten Muscheln werden auf
dem Strande ausgelegt, wo sie in der Sonnenhitze schnell sterben.
Nach einigen Tagen gerathen sie in Fäulniß; dann öffnen sich die
Schalen, welche das Perlmutter liefern, von selbst, und man
nimmt die Perlen heraus. Viele Muscheln enthalten gar keine
Perlen, andere eine einzige, wieder andere aber mehrere, manch-
mal bis dreißig. Der Größe nach sind die Perlen sehr verschie-
den ; die ganz kleinen heißen Saatperlen und werden dem Gewichte
nach verkauft. Bei den größeren richtet sich der Werth nicht nur
nack der Größe, sondern auch nach der Farbe und Gestalt. Die
theuersten müssen rund und weißglänzend sein; solche, die erbsengroß
sind, gehören schon zu den seltenen. An Werth stehen die Perlen
nur dem Diamante, Rubine und Smaragde nach. Die Taucher
selbst haben keinen großen Gewinn, denn sie arbeiten im Taglohne
wie die Bergleute, die Gold und Silber graben; ihnen nützt es
nicht viel, ob die Ausbeute an Perlen groß oder klein ist.
L8. Die Jnfusionsthierchen.
Mit der genauesten Kenntniß aller der Thiere, welche
für unser Auge sichtbar sind, kommen wir noch lange nicht
an die Grenze dieses Reiches von Geschöpfen. Bewaffnet der
Mensch sein Auge mit einem guten Vergrößernngsglase, so
öffnet sich ihm eine ganz neue Welt von Geschöpfen dieses
Reiches. Ein berühmter Naturforscher (Muschenbröck) hat