1854 -
Münster
: Aschendorff
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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andere Welt, als dieser Baum, an dem sie wohnen; ersteht
seit Jahrhunderten, und tausend Geschlechter sind auf ihm ge-
boren und vergangen. So erreichen unsere Eichen oft das
Alter von einem halben Jahrtausend, und auf dem Libanon
sollen noch Zedern grünen, die Salomons Tage sahen.
Jede Gegend des Erdballs ist durch die Hand des Schöpfers
mit den ihr eigenthümlichen Pflanzen geschmückt. Aber diejenigen,
welche für den Menschen eine gesunde Nahrung bieten, sind
von einer solchen Natur, daß sie sich fast überall hin, wo
Sterbliche wohnen, verpflanzen lassen. Vor Zeiten waren die
Länder unserer Gegend unermeßliche Wüsteneien, Herbergen
wilder Thiere, meistens von unfruchtbaren Bäumen und un-
genießbaren Kräutern bedeckt. Jetzt gleicht unser Vaterland
einem großen Garten, versehen mit den nützlichsten und schön-
sten Gewächsen aller Welttheile. Fast alle unsere Obstbäume,
die nun bei uns längst einheimisch sind, wurden hierher aus
warmen Morgenländern verpflanzt; eben so die lieblichsten un-
serer Blumen- und Küchengewächse. Pfirsich und Rose stammen
aus Persien und Syrien, das Getreide aus dem hohen Asien, die
nahrhafte Kartoffel aus Amerika, desgleichen der Mais oder
türkische Weizen, welcher in seinen körnerreichen Kolben drei-
ja sechshundertfältige Frucht bringt.
Jede dieser unzählbaren Pflanzenarten ist verschieden von
der andern gebaut, keine der andern ähnlich, jede zu ihrem
Zwecke auf das Vortheilhafteste eingerichtet. Die wohlthätigen
Absichten Gottes fehlen auch da nicht, wo unsere Kurzsichtig-
keit nicht fähig ist, sie zu erkennen. Selbst die sogenannten
Unkräuter sind wohlthätige Gewächse; wenn sie auch im Acker
und Garten nicht gern gesehen werden, so dienen doch manche
von ihnen zu heilsamen Arzneien und zum gewerblichen Gebrauche.
41 Verbreitung der Pflanzen.
Man kann sich nicht genug über die Schnelligkeit verwun-
dern, mit welcher jede leere Stelle auf öden Feldern, ver-
lassenen Wegen, kahlen Felsen, Mauern und Dächern, wo nur
eine Handvoll fruchtbarer Erde hingefallen ist, besäet und mit
Gras, Kräutern, Stauden und Buschwerk besetzt wird. Das
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