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1. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 359

1854 - Münster : Aschendorff
359 Deutschland saß er selbst zu Gericht, bestrafte die ungehorsa- men Edelleute, zerstörte ihre Naubschlösser, forderte die ge- raubten Güter zurück, und trieb unnachsichtlich die schuldigen Abgaben ein. Mehr als 180 Schlösser in Thüringen, Fran- ken und Schwaben ließ er niederreißen und mehr als 30 ihrer widerspenstigen Bewohner zum Tode verurtheilen. Ein Graf von Würtemberg, Namens Eberhard, der von sich selbst sagte, er sei Gottes Freund und aller Welt Feind, mußte fühlen, was es heiße, aller Welt Feind zu sein. Rudolph nahm ihm seine Schlösser, belagerte Stuttgart, ließ die Mauern nie- derreißen und sich von ihm Gehorsam geloben. So strenge Rudolph gegen die Feinde des Reiches und der Gesetze war, so nachsichtig, versöhnlich und großmüthig war er gegen Beleidigungen, die seine Person betrafen. Einmal traf ihn bei einem Armbrustschießen ein ungeschickter Schütze so hart, daß er wochenlang krank darnieder lag. Die Höf- linge riethen dem Kaiser, dem Tölpel wenigstens die Hand abhauen zu lassen. „Hättet ihr mir das vor dem Schusse ge- rathen , sagte Rudolph lächelnd, jetzt kann es mir nicht mehr helfen." Einst ging er in der schlichten Kleidung eines gemeinen Lanzenknechtes durch die Straßen von Mainz. Da es ein ziemlich kalter Wintermorgen war, so wärmte er seine erstarr- ten Hände bei einem Bäckerhause, wo eben die Kohlen aus dem Backofen genommen worden waren. Die Bäckerfrau wollte das nicht dulden und versuchte, ihn durch Schmähun- gen und Schimpfreden fort zu treiben. „Geh zu deinem Bet- telkaiser, alter Landsknecht, sagte sie; ihr freßt noch die ganze Gegend aus mit euren Knechten und Rossen." Rudolph lachte und blieb stehen. Da faßte sie einen gefüllten Wasserkübel, der in der Nähe stand und schüttete ihm das eiskalte Wasser über den Kopf, daß er triefend nach Hanse eilen mußte. Bei der Mittagstafel schickte er einen Bedienten mit guten Spei- sen und köstlichem Weine zu der Bäckerfrau und ließ sich bei ihr für das kalte Bad bedanken. Da die Frau hörte, daß es der Kaiser gewesen war, fiel sie vor Schrecken fast in Ohnmacht, eilte, als sie sich einigermaßen erholt hatte, zum Kaiser, fiel ihm zu Füßen und bat um Gnade. Dieser aber lachte, erzählte
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