1810 -
Berlin
: Realschulbuchh.
- Autor: Wilmsen, Friedrich Philipp
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Natur- und Länderbeschreibmig.
eines scharfsinnigen und gelehrten Beobachters be-
glaubigt wäre. Die Liebe der Mütter für ihre Jun-
gen ist überaus groß; und jene suchen diese durch
allerlei Spiele zu ergötzen. Wenn man diesen Spie-
len zusieht, so scheint es, als ob sie sich im Streiten
üben wollten; eins sucht das andre nieder zu wer-
fen, und, wenn der Vater brummend hinzu kommt,
fügt er die Streitenden aus einander, schmeichelt
Hem Sieger, und versucht auch wohl selbst, ihn auf
Hie Erde nieder zu stoßen; je mehr dieser sich wider-
setzt, desto mehr gewinnt er in der Liebe der Eltern,
denen hingegen ihre tragen oder furchtsamen Kinder
wenig Freude zu machen scheinen. Obgleich die
Vielweiberey unter den Seebären herrschend ist, und
mancher unter ihnen bis fuufzig Weiber hat, so be-
wacht doch jeder die seinigen mit großer Eifersucht,
und wird überaus wüthend, wenn ein Fremder ih-
nen zu nahe kommt. Selbst wenn sie zu Tausenden
am Ufer liegen, sind sie doch immer Familienweise
in Heerden getheilt, und auf eben die Art schwim-
men sie auch im Meere beisammen. Die alten, wel-
che keine Weiber mehr haben, leben einsam, und sind
Hie attergrimmigsten; diese bringen oft einen ganzen
Monat auf dem Lande mit schlafen zu, ohne etwas
zu genießen; was sich ihnen aber von Menschen und
Thieren nähert, fallen sie mit der größten Wuth an.
Die Seebären liefern sich zuweilen unter einander
Llutige Schlachten, die gewöhnlich ihre Eifersucht
wegen der Weiber, oder wegen eines guten Lager-
platzes zur Ursache haben. Wenn zwei wider Einen
streiten, so kommen andre der schwächer» Parthei
zu Hülfe, und während des Kampfes heben die Zu-
schauer ihre Köpfe schwimmend aus dem Meere, und
sehen eine Zeit lang ruhig zu, bis auch sie Beweg-
gründe finden, sich unter die Kämpfenden zu mischen.
Zuweilen bedecken diese kriegenden Heere eine Ufer-
strecke von zwei bis drei Wersten, und rings umher
erschallt ihr schreckliches Brummen und Brüllen. Oft
machen die Streiter wahrend des Kampfes einen stun-
denlangen Stillstand, um sich zu erholen, wobei sie
stch ohne Gefahr neben einander legen; dann stehen