1810 -
Berlin
: Realschulbuchh.
- Autor: Wilmsen, Friedrich Philipp
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Dritter Abschnitt.
und der Perlenkranz seiner frisch gesammleten Erd-
beerendie untergehende Sonne umstrahlte sein
freundliches Antlitz, wahrend er heimwandelte. Aber
noch freundlicher glanzte sein Auge, als er den
Dank und die Freude der zärtlichen Schwester ver-
mährn. — Nicht wahr, sagte die Cutter, die Freu-
den, die wir andern bereiten, sind doch die schönsten
von allen?
iz. Das Kanarienvögelchen.
Ein kleines Mädchen, Namens Karolina, hatte
ein allerliebstes Kanarienvögelchen. Das Thierchen
fang vom frühen Morgen bis an den Abend, und
war sehr schön, gelb mit schwarzem Häubchen. Ka-
rolina aber gab ihm zu essen Saamen und kühlendes
Kraut, auch zuweilen ein Stückchen Zucker, und
täglich frisches klares Wasser. — Aber plötzlich
begann das Vögelchen zu trauren, und eines Mor-
gens, als Karolina ihm Wasser bringen wollte, lag
es todt in dem Käfig. — Da erhob die Kleine ein
lautes Wehklagen um das geliebte Thier, und weinte
sehr. Die Mutter des Mägdleins aber ging hin,
und kaufte ein anderes, das noch schöner war an
Farben, und eben so schön sang, denn jenes, und
that es in den Käfig.-----
Allein das Mägdlein weinete noch lauter, als
es das neue Vögelchen sah. Da wunderte sich die
Muttersehr, und sprach: mein liebes Kind, warum
weinest du noch, und bist so sehr betrübt? Deine
Thränen werden das gestorbene Vögelchen nicht in
das Leben rufen, und hier hast du ja ein andres, das
nichts schlechter ist, denn jenes. — Da sprach das
Kind: ach liebe Mutter, ich habe unrecht gegen das
Thierchen gehandelt, und nicht alles an ihm gethan,
was ich sollte und konnte. — Liebe Lina, antwor-
tete die Mutter, du hast sein ja so sorgfältig ge-
pflcgt.'- — Ach nein, erwiederte das Kind, ich habe
noch kurz vor seinem Tode ein Stückchen Zucker-
das du mir für dasselbe gabst, ihm nicht gebracht-