1855 -
Hamburg
: Kittler
- Autor: Kröger, Johann Christoph
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Flusses aufgerissen worden zu sein schien, sah den Zweig eines Dornbusches nebst
dessen Frucht und fühlte ungleichen Wind, besonders Nachts, was der erfahrene
Columbus nur von der Nahe des Landes erklären konnte. Nun verwandelte sich
die Verzweiflung der Mannschaft in lautes Hoffen. Er benachrichtigte sie noch vor
dem Ablaufe des dritten Tages, daß er diese Nacht Land zu erblicken hoffe, und befahl
den Steuermännern wachsam und.aus ihrer Hut zu sein. Am 11. Oktober Abends
um 10 Uhr erblickte Columbus ein Licht in der Ferne, das hin und her bewegt
wurde. Auch zwei andere Reifende, die er zu sich rief, sahen dasselbe und wie es
feinen Standort veränderte. Zwei Stunden nach Mitternacht, also den 12. Oktober,
riesen zwei Matrosen der Pinta, welche vorauseilte: „Land! Land!" und gaben noch
andere Zeichen der Freude. Sie hatten auch die Küste in der That entdeckt und wa-
ren nur noch 2 Meilen davon entfernt. Bei Tagesanbruch sah man eine schöne,
flache Insel, in dem Schmucke der Tropenvegetation. Columbus kleidet sich in
Scharlach, befiehlt die Anker fallen zu lassen, die Boote zu bemannen und mit einer
eigens zu diesem Zwecke verfertigten Fahne in der Hand betritt er das Boot. Ein
grünes Kreuz, zu dessen beiden Seiten die Anfangsbuchstaben der Namen beider
spanischen Monarchen und unter denen Kronen prangten, sah man aus den Fahnen,
welche die Befehlshaber in ihren Händen flattern ließen. So nahten sich die ersten
Europäer dem lieblichen Gestade. Columbus stieg zuerst ans Land, fiel auf seine
Knie, welchem Beispiele die ganze mit ihm gelandete Mannschaft folgte, und betete:
„Allmächtiger, ewiger Gott, der du durch die Kraft deines heiligen Wortes Himmel,
Erde und das Meer erschaffen hast, Lob, Ehre und Preis fei deinem heiligen Na-
men ! Angebetet werde deine Majestät, die du durch deinen geringen Diener, damit
sie in diesem entfernten Theile der Erde verehrt werde, hast verkündigen lassen."
Nach diesem Gebete erhob sich Columbus, zog das Schwert, ließ die königliche Fahne
wehen und nahm im Namen der Kronen Spaniens feierlich vom Lande Besitz.
Nachdeul alle Formen beobachtet waren, ließ er sich als Vice-König, Admiral und
Stellvertreter der Souveraine Gehorsam leisten und durch den Eid der Treue hul-
digen. Seine ganze Mannschaft drängte sich um ihn, fiel ihm vor die Füße, küßte
seine Hände voll Dankbarkeit und äußerte das höchste Entzücken, verbunden mit
tiefster Bewunderung und Ehrfurcht. Der bisher von ihnen verachtete Ausländer
wurde nun zu den größten Menschen gezählt und fast angebetet. Schüchtern und
mit ängstlichem Staunen sah allem diesen ein kupferfarbenes Volk zu, welches das
ganze Ufer besetzt hatte und mit zitternder Neugierde die Schiffe betrachtete, die es
für Ungeheuer hielt. Als die nackten Wilden wahrnahmen, daß ihnen kein Leid
geschah, nahten sie sich den Fremden, ihre Kleidung, Waffen, Boote, die Hautfarbe,
besonders aber die majestätische Gestalt des Admirals bewundernd. Sie waren mit
größter Ehrfurcht und allen Zeichen der Anbetung genahet, wurden aber zutraulich,
als sich der Admiral gegen sie so freundlich und liebreich benahm. Nun glaubten
sie, die Fremden seien vom Himmel herabgestiegen und hielten sie für himmlische
Wesen. Die Spanier betrachteten diese Naturkinder, die völlig nackt mit verschie-
denen Farben bemalt und meistens von schlanker Gestalt und von angenehmen Ge-
fichtszügen waren und schwarzes, buschiges Haar hatten, mit nicht geringerer Neu-
gierde. Columbus glaubte nicht anders, als daß er Indien berührt habe; er gab
daher den Eingeborenen den Namen Indier, der damals ohne alle Untersuchung
angenommen wurde und später aus alle neuentdeckten wilden Völker überging; ja
sogar dem Lande verblieb der Name, das noch heute Westindien heißt.
Diese erste Insel, von den Eingeborenen Guanahani genannt, erhielt von
Columbus den Namen San Salvador und ist eine der Lucahischen oder Bahama-
Jnseln. An dem Landungsplätze, der jetzt Port Howe genannt wird, steht gegen-
wärtig ein Landhaus, das zu Ehren des Columbus den Namen Columbia führt.
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