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1. Für die dritte Bildungsstufe - S. 502

1855 - Hamburg : Kittler
502 kürzlich ganz Italien und Deutschland in Schrecken gesetzt hatte. Tilly selbst dankte seine Rettung nur dem Ungefähr. Obgleich von vielen Wunden ermattet, wollte er sich einem schwedischen Rittmeister, der ihn einholte, nicht gefangen geben, und schon war dieser im Begriff, ihn zu tödten, als ein Pistolenschuß ihn noch zur rechtenzeit zu Boden streckte. Aber schrecklicher als Todesgefahr und Wunden war ihm der Schmerz, seinen Ruhm zu überleben, und an einem einzigen Tage die Arbeit eines ganzen Lebens zu verlieren. Nichts waren jetzt alle seine vergangenen Siege, da ihm der einzige entging, der jenen allen erst die Krone aufsetzen sollte. Nichts blieb ihm übrig von seinen glanzenden Kriegsthaten, als die Flüche der Menschheit, von denen sie begleitet waren. Von diesem Tage an gewann Tilly seine Heiterkeit nicht wieder, und das Glück kehrte nicht mehr zu ihm zurück. Selbst seinen letzten Trost, die Rache, entzog ihm das ausdrückliche Verbot seines Herrn, kein entscheidendes Treffen mehr zu wagen. — Drei Fehler sind es vorzüglich, denen das Unglück die- ses Tages beigemessen wird: daß er sein Geschütz hinter die Armee aus die Hügel pflanzte; und daß er den Feind ungehindert sichln Schlachtordnung stellen ließ. Aber wie bald waren diese Fehler, ohne die kaltblütige Besonnenheit, ohne das über- legene Genie seines Gegners verbessert! Tilly entfloh eilig von Halle nach Halber- stadt , wo er sich kaum Zeit nahm, die Heilung von seinen Wunden abzuwarten, und gegen die Weser eilte, sich mit den kaiserlichen Besatzungen in Niedersachsen zu verstärken. Der Kurfürst von Sachsen hatte nicht gesäumt sogleich nach überftandener Gefahr im Lager des Königs zu erscheinen. Der König dankte ihm, daß er zur Schlacht gerathen hätte, und Johann Georg, überrascht von diesem gütigen Em- pfang, versprach ihm in der ersten Freude — die römische Königskrone. Gleich den folgenden Tag rückte Gustav gegen Merseburg, nachdem er es dem Kurfürsten über- lassenhatte, Leipzig wieder zu erobern. Fünftausend Kaiserliche, welche sich wieder zusammengezogen hatten und ihm unterwegs in die Hände fielen, wurden theils niedergehauen, theils gefangen, und die meisten von diesen traten in seinen Dienst. Merseburg ergab sich sogleich; bald darauf wurde Halle erobert, wo sich der Kur- fürst von Sachsen nach der Einnahme von Leipzig bei dem Könige einfand, um über den künftigen Operationsplan das Weitere zu berathschlagen. Erfochten war der Sieg, aber nur eine weise Benutzung konnte ihn entschei- dend machen. Die kaiserliche Armee war aufgerieben, Sachsen sah keinen Feind mehr, und der flüchtige Tilly hatte sich nach Braunschweig gezogen. Ihn bis dahin zu verfolgen, hätte den Krieg in Niedersachsen erneuert, welches von den Drang- salen des vorhergehenden Kriegs kaum erstanden war. Es wurde daher beschlossen, den Krieg in die feindlichen Lande zu wälzen, welche unvertheidigt und offen bis nach Wien den Sieger einluden. Man konnte zur Rechten in die Länder der ka- tholischen Fürsten fallen, man konnte zur Linken in die kaiserlichen Erbstaaten drin- gen, und den Kaiser selbst in seiner Residenz zittern machen. Beides wurde erwählt, und jetzt war die Frage, wie die Rollen vertheilt werden sollten. Gustav Adolf au der Spitze einer siegenden Armee, hatte von Leipzig bis Prag, Wien und Preßburg wenig Widerstand gefunden. Böhmen, Mähren, Oesterreich, Ungarn waren von Vertheidigern entblößt, die unterdrückten Protestanten dieser Länder nach einer Ver- änderung lüstern; der Kaiser selbst nicht mehr sicher in seiner Burg; in dem Schrecken des ersten Ueberfalls hätte Wien seine Thore geöffnet. Mit den Staaten, die er dem Feinde entzog, vertrockneten diesem auch die Quellen, aus denen der Krieg bestritten werden sollte, und bereitwillig hätte sich Ferdinand zu einem Frieden ver- standen , der einen furchtbaren Feind aus dem Herzen seiner Staaten entfernte. Einem Eroberer hätte dieser kühne Kriegsplan geschmeichelt, und vielleicht auch ein glücklicher Erfolg ihn gerechtfertigt. Gustav Adolf, eben so vorsichtig als kühn,
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