1846 -
Leipzig
: Baumgärtner
- Hrsg.: ,, Reichenbach, Anton Benedict
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Iii. Die Oberfläche der Erde.
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d. h. nicht salzig, und sobald es nicht in Fäulniß übergegangen ist, kann es von Menschen
und Thieren ohne Schaden getrunken werden. Es sammelt sich theils durch Regen an,
theils entspringt es aus Quellen, welche aus der Erde hervorsprudeln. Das süße Wasser
ist wie das Meerwasser in einer immerwährenden Verdunstung begriffen. Die Dünste
werden, wie wir bereits gesehen haben, von der Atmosphäre aufgenommen und fallen dann
als Thau, Regen, Schnee u. s. w. wieder herab, wodurch sie theils den Gewässern wieder
neue Nahrung geben, theils von der Erde und den Pflanzen, namentlich dem mit Moos
bedeckten Boden eingesogen werden können. Das von der Erde eingesogene Waffer ver-
dunstet theils ebenfalls wieder, theils dringt es immer tiefer in die Erde hinein, bis es
endlich eine Stelle findet, durch welche es nicht mehr zu dringen vermag und nun sich
daselbst ansammeln muß. Diese Ansammlung des Wassers in der Erde geschieht namentlich
häufig in Gebirgen, und die ganze obere Erdrinde, so weit wir sie kennen, wird an un-
zähligen Stellen von Wasser durchrieselt. Bricht nun das Wasser irgendwo aus der Erde
hervor, weil der Raum daselbst es nicht mehr zu fassen vermag, so nennen wir es eine
Quelle. Das aus der Erde hervorsprudelnde Wasser wühlt sich nun auf der Oberfläche
der Erde einen vertieften Weg, oder geht in eine schon vorhandene tiefere Stelle über und
fließt in derselben als ein Bach immer weiter fort. Fließen mehrere Bäche zusammen, so
bilden sie einen Fluß, mehrere Flüsse vereinigen sich wieder zu einem Hauptflusse oder
Strome, der sich endlich ins Meer ergießt. Die Stelle, wo er in dasselbe übergeht,
nennen wir seine Mündung. Sammelt sich das Wasser irgendwo auf der Erdoberfläche
in einem größeren oder kleineren vertieften Raume, rings herum von festem Lande einge-
schlossen, so entstehen dadurch Teiche und Seen, die zuweilen wie das Meer mit fließen-
den Gewässern, z. B. mit Flüssen, in Verbindung stehen. Alle fließenden Gewässer neh-
men übrigens ihren Lauf nicht wagerecht, sie fließen vielmehr stets nach tieferen Stellen
hin, so daß ihr Anfang also immer höher von der Meeresfläche liegt, als ihre Mündung.
Diese Neigung von oben nach unten wird der Fall oder das Gefälle genannt, das in
der Regel in der Nähe des Ursprungs am stärksten, in der Mitte des Laufes am wenigsten
und im unteren Theile gegen die Mündung hin am geringsten ist. Stürzt das Wasser
plötzlich von der Höhe in die Tiefe herab, indem es über sehr steile Stellen hinweg muß,
so bildet es dann einen Wasserfall.
32) Die Wasserfälle großer Ströme gewähren oft "einen imposanten Anblick; wir
können es uns daher nicht versagen, einige derselben näher zu betrachten.
Am berühmtesten unter allen bekannten Wasserfällen ist der des Niagara, eines
Stromes in Amerika, der aus dem östlichen Ende des Eriesees kommt und sich nach einem
Laufe von 36 engl. Meilen in den Ontariosee ergießt (s. die beiliegende Abbildung). Seine
größte Breite giebt man zu 900 Fuß an, und dabei hat dieser Strom auch eine verhält-
nißmäßig beträchtliche Tiefe. Sein Lauf ist so heftig und unregelmäßig, und es zeigen sich
so viele Felsen und Klippen in seinem Bette, daß er nur von kleinen Böten befahren wer-'
den kann. Späterhin erweitert sich der Strom, die Felsen verschwinden allmälig, und sein