1846 -
Leipzig
: Baumgärtner
- Hrsg.: ,, Reichenbach, Anton Benedict
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
208 Xi. Häfen, Schleusen, Leuchtthürme, Rettungsboote u. s. w.
Indiens, dessen sich ehemals Lissabon und Antwerpen erfreut, während Helvoetsluys, der
einzige leidliche Hasen an der Küste, gänzlich vom Verkehr entblößt war. Antwerpen
war günstiger gelegen als Amsterdam, ebenso wie Amsterdam unweit der Mündung großer
Flüsse erbaut, ziemlich in der Mitte Europas, wodurch es zur Handelsstadt für den Nor-
den und Süden geschickt wurde; aber die Schrecknisse des Krieges zerstörten den Handel
Antwerpens und im Jahre 1585 wurde die Stadt, nach langer Belagerung, von den
Spaniern genommen. Holland, der gemeinsame Zufluchtsort für die Unterdrückten, wo
Gewissensfreiheit und billige Gesetze herrschten, gewann natürlich durch Antwerpens Fall.
Kaufleute mit ihren Kapitalien und Künstler und Handwerker mit ihren Kenntnissen und
Kunstfertigkeiten flüchteten dahin, wo sie in Ausübung ihrer Religion keine Störung und
Verfolgung zu fürchten hatten, und so erblühten auf dem Boden der Freiheit und Sicherheit
neue Manufacturen, Fabriken u. s. w. Außer dem Vertrauen, welches die Form und
Einrichtung der Regierung, die Gerechtigkeitspflege, die Sorge für Erhaltung des Friedens
und der Ruhe nach Innen und Außen, sowie die Rechtschaffenheit und Achtbarkeit der
öffentlichen Beamten einflößten, trugen zur Beförderung von Handel und Reichthum des
Landes auch noch andere Dinge bei. So näherte sich z. B. Holland unter allen Ländern
am meisten der Handelsfreiheit. In Verlauf der Zeit war so viel Capital aufgehäuft
worden, daß man von der Regierung Geld mit zwei Prozent Zinsen borgen konnte. Die
Amsterdamer Bank erfreute sich eines hohen Credits und es flössen ihr von allen Seiten
Capitalien zu. Dabei wuchs auch die Wohlhabenheit des Volkes durch seine Enthaltsam-
keit und Genügsamkeit. Nach dem Frieden von Münster, im Jahre 1648, richtete sich
jedoch die Thätigkeit und Kraft verschiedener Länder auf Handel und Schifffahrt. Na-
mentlich waren es England und Frankreich, welche auf Verbesserung und Beförderung des
Marinewesens und Handels sannen, und in demselben Verhältnisse, in welchem sich die
Fähigkeiten und die Macht dieser und anderer Länder entwickelten, sank Hollands Handel,
indem ihre Nebenbuhler ihnen Abbruch thaten, auch unverhältnißmäßige Besteuerung die
Energie der Holländer unterdrückte und der Krieg ihnen nachtheilig wurde. Dennoch ist
Hollands immer noch ziemlich bedeutend und Amsterdam behauptet nach wie vor seinen
alten Standpunkt als erster Schiffs- und Handelsplatz im Königreiche, aber andere Städte
und Häfen haben ihre Bedeutsamkeit verloren. Amsterdam ist um den Meerbusen U in
Form eines Halbmondes und zwar auf lauter Pfähle gebaut, wird von der Amstel in die
alte und neue Stadt getheilt, und hat 3 Meilen im Umfange. Die Amstel theilt sich bei
ihrem Eintritte in die Stadt in zwei Zweige, von welchen sehr viele Kanäle oder Grachten
ausgehen und 90 kleine, durch 392 Brücken mit einander verbundene Inseln bilden. Der
Theil des A, welcher den Hafen von Amsterdam bildet, ist durch zwei Reihen Pfähle
verwahrt, mit hier und da gelassenen Oeffnungen zum Ein- und Auslaufen der Schiffe;
diese Oeffnungen werden des Nachts jedesmal verschlossen. Außen vor den Pfählen (de
Laag genannt) liegen die schwer beladenen Schiffe. Während Amsterdams Blüthe lagen
oft 6 — 700 Schiffe zugleich in dem Hafen vor Anker. Auf der entgegengesetzten Seite