1844 -
Darmstadt
: Ollweiler
- Hrsg.: Nister, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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gung der Festung unterblieb, indem der Regen die Lunte aus-
löschte, die, um zu zünden, nur noch eine Spanne laug brennen
durfte.
Im Jahre 1733 reifete», im Monat Junius, zwei junge
Soldaten, welche auf einige Zeit Urlaub erhalten hatten, in der
Niederlausitz. Der Eine davon hieß Grübe,' der Andere Zimmer-
mann. Indem sie ihren Weg fortsetzten, ereilte líe ein heftiges
Gewitter. Während dessen kamen sie zu einem Hirtenknaben, der
auf seinen Knieen, den Hut m der Hand haltend, brünstig zu
Gott betete. So rührend auch dieser Anblick der betenden Unschuld
seyn mußte, so war doch Grübe so frech und unverschämt, daß er
zu ihm sagte: „ Junge, setze deinen Hut auf, oder der Donner
wird ihn in Stücke zerschlagen! " Kaum waren die beiden Soldaten
zehn Schritte von dem Knaben entfernt, so traf ein Blitzstrahl
den Spötter; sein Hut flog weit hinweg; er selbst aber siel todt
zur Erde.
163. Das Herz der Väter, bekehrt durch die Kinder.
In einer Gemeinde in der Schweiz, welche Gott mit einem
frommen Pfarrer gesegnet hat, war, als der Pfarrer im Gebet und
Vertrauen zu Gott sein Amt antrat, das Fluchen und Schwören
und der Mißbrauch des Namens Gottes gar sehr eingerissen. Der
Pfarrer sprach dagegen mit Nachdruck und Ernst aus der Kanzel.
„In diesem heiligen Namen," so sprach er, „liegen Kräfte, daß,
wenn wir ihn aus rechte Weise im Gebet brauchen, Himmel und
Erde durch ihn bewegt, Herzen durch ihn ergriffen und die schon
im Tode Entschlafenen neu belebt werden. Mißbraucht ihr diesen
großen Namen, so raubt ihr ihm für euere Herzen und euere Zunge
die Himmelskräfte, die er für euch haben konnte; ja den einzigen
Quell und Brunnen des Lebens, der euch hienieden gegeben ist,
vergiftet ihr euch. Denn dieses, wenn es wohl gebraucht wird,
wohlthätige., allbelebende Feuer, wird durch Mißbrauch für euch
zur allverheerenden, furchtbaren Flamme, welche ewig nicht er-
löschet."
Bei jeder Gelegenheit sprach dann bald so, bald anders, der
fromme Pfarrer gegen jene eingewurzelte Gewohnheitssünde. Alle
seine Worte schienen nicht zu fruchten. Da ging er in die Schule
zu den kleinen, unschuldigen Kindern. Diesen stellte er die große
Sünde des Fluchens, des Schwöreus, des Mißbrauches des Namens
Gottes in ihrer ganzen Abscheulichkeit so klar, so eindringend, so
einfach dar, daß die Kinder ganz ernst und bewegt wurden. Und
was geschah nun? Wenn zu Hause die Kinder ihren Vater oder
Großvater oder gar die Mutter den großen Namen mißbrauchen
hörten, erschracken sie und sagten bittend: „O Vater, o Mutter,
thut das nicht, denn das ist große Sünde und Gott wird es
strafen." — Das half. Einige Alten sagten: „sie wären wie vom
Donner gerührt gewesen, da sie einen solchen Verweis, eindring-
licher und beweglicher noch, als der Pfarrer ihn gegeben hätte,