1844 -
Darmstadt
: Ollweiler
- Hrsg.: Nister, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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Strecke von mehreren tausend Meilen, z. B. im Jahr 1755 von
Lissabon bis hinüber nach Amerika verbreitet. Das ließe sich wohl
nicht erklären, wenn man das Innere der Erde, von der Ober-
fläche hinein als eine ganz solide Masse, ohne alle Höhlungen an-
nehmen wollte, leichter aber, wenn man sich in der Tiefe Höhlen
denkt, die mit Wasser angefüllt, und unter einander im Zusam-
menhange sind, wodurch sich dann die Erschütterung von einer zur
andern fortpflanzen muß. Manche solche Höhlen sind auch leer,
und so wo-it nach oben gelegen, daß man zuweilen gar hineinstei-
gen, und ihr Inwendiges betrachten kann. Da sind nun freilich
die Höhlen bei Müggendorf, im Baiern Lande, oder das Nebelloch
im Würtemberger Lande, noch lange nicht die größten, denn in Nor-
wegen giebt es eine Höhle, die Höhle 51t Friedrichshall, die,
wenn man die Zeit berechnet, die es braucht, ehe man einen
hineingeworfenen Stein unten auffallen hört, viel tiefer zu sein
scheint, als der höchste Berg hoch ist (über 20000 Ellen). Auch
noch eine andere Höhle gibt es in jenem Lande, die Dolsteenhöhle
genannt, deren eigentliche Tiefe noch kein Mensch erforscht hat,
die aber, schon da, wo man in sie hineingedrungen ist, tief
unter das Meer, das man dort über sich brausen hört, hin-
eingeht, In dem Gebirge Crntro in Estremadura, ist auch eine
Höhle, die mit ihren zusammenhängenden Gewölben über 3 Meilen
weit fortläuft.
In der Tiefe der Erde muß aber auch, wenigstens an man-
chen Orten, Feuer oder sonst eine 'Ursache seyn, welche große
Wärme um sich her verbreitet. Denn wenn man in manche Berg-
schächte in England, die zum Theil unter den Meeresgrund hinab-
reichen und auch in einige Bergschächte des sächsischen Erzgebirges
hinuntersteigt, findet man da nicht blos die gewöhnliche Wärme,
die die Keller im Winter haben, und die nur daher kommt, daß
die Kälte der Luft dahin nicht so eindringen kann, sondern eine
andere selbstständige Wärme, die immer zunimmt, je tiefer man
hinabkommt, und die ihre Ursache tief unter der Erdoberfläche
haben muß. Die Erde selbst muß von innen heraus, außer dem
was die Sonne thut, Wärme verbreiten können, daher grünet und
wächst das Gras in Finnmarken tief unter dem Schnee fort.
Die feurigen und geschmolzenen Massen, welche die feuer-
speienden Berge auswerfen, müssen auch aus einer sehr großen
Tiefe herabkommen, und wahrscheinlich wohl eben daher, wo jene
von unten heraufdringende Wärme herkommt. Der berühmte
Reisende A. von Humbold hat in einen, gerade damals ganz
ruhigen Schlund eines feuerspeienden Berges hinunter gesehen.
Da sah er in einer ungeheuren Tiefe, unten in einer weiten Höh-
lung, drei unterirdische Bergspitzen, aus denen oben Feuer und
Rauch herausdrang. Auch im Aetna flieht man, wenn er ganz
ruhig ist, in der Tiefe unten das Feuer beständig aufwallen, die
Lavamasse wie ein siedendes Wasser immer heraufkochen, und wie-
der niedersinken. Aber der eigentliche Ort, von wo diese geschmol-