1844 -
Darmstadt
: Ollweiler
- Hrsg.: Nister, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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innig; die Früchte werden größer, saftreicher, gewürziger; die Stämme
höher und stärker, statt mit Flechten und Moosen sind sie mit schön
blühenden Schmarozerpflanzen bewachsen, von mächtigen Schling-
pflanzen umschlungen, die von Baum zu Baum Brücken bilden;
die Pflanzen enthalten kräftige, starkwirkende Stoffe, sie liefern die
stärksten Gewürze, Nelken, Zimmt, Ingwer, Pfeffer, Muskatnüsse,
viele Balsame und Harze, das arabische Gummi, das Federharz
oder das Kautschuk, viele Farbestoffe, den Indigo, das Sandelholz,
den Fernambuk, den Orlean, den Zucker, die Baumwolle, kräftige
Arzneimittel, die China, die Angustura, den Sassafras, die
Jpekekuanha. Die Bäume bilden mit ihrem Unterholz oft un-
durchdringliche Wildnisse, viele bei uns niedere Pflanzen werden
dort baumartig, wie die Farrenkräuter und die Gräser. Ueberhaupt
trägt das Pflanzenleben in der heißen Zone das Gepräge der
Lebenskraft, der Lebensfülle, der Größe, der Mannichfaltigkeit.
Palmen, Bananen, baumartige Farrenkräuter, Caktusarten, Mi-
mosen geben den heißen Ländern ein eigenes Gepräge, ^ehr groß
ist die Zahl der Pflanzenarten.
Nähern wir uns dagegen der kalten Zone, so nimmt die Zahl
der Pflanzenarten und somit auch die Mannichfaltigkeit des Pflauzen-
lebens ab, die Zahl der gesellig wachsenden Pflanzen und damit
das Gepräge der Einförmigkeit zu; die Pflanzen werden kleiner,
sind meist ausdauernd, die Bäume werden zwergig, die Sträucher
klein, die Stengel sterben meist ab, die Wurzel wird durch die
hohe Schneedecke geschützt, unter der das Pflanzenleben lauge
schlummert, endlich, wenn diese nicht verschwindet, erstirbt es
gänzlich. Statt der hohen Bäume der heißen Zone sind niedrige,
meist stengellose Pflanzen, welche schnell ihr kurzes Pflanzenleben
durchlaufen; Moose und Flechten sind die letzten Darsteller des
Pflanzenlebens. >So vermindert sich auch die Zahl der Pflanzen
nach den Polen hin. Das heiße Amerika besitzt ohugefähr \ 5,000,
Frankreich 5-6000, Deutschland 4—5000, Schweden 1200, Lapp-
land 550, Island 305, Labrador 201, Spitzbergen 30 verschiedene
offenblüthige Pflanzeuarten.
Doch es verändert sich nicht blos das Pflanzeuleben, wenn
du von Norden nach Süden, von Süden nach Norden, sondern
auch wenn du von der Tiefe zur Höhe aufsteigest, treten dir ähn-
liche Veränderungen in denselben entgegen, wie beim Reisen vom
Süden zum Norden, denn die Luftwärme nimmt nach oben zu mit
der sich vermindernden Luftdichtigkeit ab Und damit zugleich in den
höher liegenden Gegenden die Zahl und Größe, nicht immer aber
die Mannichfaltigkeit der Pflanzen. So können wir, wie wir
Pflanzen der heißen, der warmen, mittlern und kalten gemäßigten
Zone und der kalten oder Polarzone unterscheiden, dieselben auch
nach der Höhenverbreitung in Flachland-, Hügel-, Berg-, Alpen-,
Hochalpen-, Schneepflanzen abtheilen; die Regionen aber nach dem
Anbau von Gewächsen als die'region der Palmen, der baum-
artigen Farren, der Chinabäume, der Oelbäume, des Weinstocks,