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1. Lebensspiegel für Landleute - S. 310

1844 - Darmstadt : Ollweiler
310 Verwüstung nicht im Geringsten an, und sie that daran fast weis- lieber, als der vorüberziehende Krämer ans Schwaben, welcher meinte, in dieser Hütte müsse der Geitz oder die Liederlichkeit wohnen. Denn der selige Müller war weder von jenem noch von diesem Laster ein Freund gewesen, aber von den vorüberziehenden feindlichen Schaaren zweimal rein ausgeplündert worden und zum Theil über das Herabkommen seines Hauswesens gestorben. Der Pfarrer von Treuchtlingen hielt ihm Umsonst eine Leichenpredigt über die Tertworte: Er heißet Herr und freuet euch vor ihm, der ein Vater ist der Waisen und ein Beschirmer der Wittwen. — Er tröstete aus dieser Verheißung die Wittwe mit ihrem Sohne und betete für sie. Sein Gebet wurde von dem Herrn auf eine ganz besondere Weise erhört." „Ehe sich die Müllerin mit ihrem Sohne zu Tische sehte, pflegte sie immer mit lauter Stimme zu beten: Komm, Herr Jesu, sey unser Gast, und segne, was du bescheret hast, — und zwar so, daß man leicht merken konnte, sie wisse und denke daran, mit wem sie spreche, wenn sie den Mund zum Gebet anfgethan habe. Und da erging es ihr denn auch wie weiland der Wittwe von Sarepta." „Ritter Ulrich von Treuchtlingen, der in der ganzen Umgegend nur der goldene genannt wurde, weil er durch eine christliche Wirthschaft reicher geworden war, als alle seine freiherrlichen Nachbarn weit und breit, ging an einem Herbstabend an dem offenen Fenster vorüber, als gerade die Müllerin in ihrer Stube wieder, wie gewöhnlich, betete: Komm, Herr Jesu, sey unser Gast, und segne, was du bescheret hast. — Der goldne Ritter war aber allein, und hatte, um nicht in seinem Vergnügen, der Jagd, gestört zu werden, seine Leute mit den vielen und schönen Sachen vorausgehen lassen, die er zur Aussteuer seiner einzigen Tochter und Erbin in der Reichsstadt Weisenburg gekauft hatte. Darum hinderte ihn auch nichts, stehen zu bleiben und bei sich selbst zu sprechen: In manchem Hause, an dem ich vorüber ging, habe ich schon beten hören; aber gegen dieses Beten war es immer nur ein Plappern der Heiden, und es gelüstete mich nie unter solche Beter zu treten. Mit den Leuten in diesem Hause muß ich näher bekannt werden. An meinem Wamms werden sie mich nicht erkennen. Denn es sieht aus, wie eine Wiese im November." „Und er schob den hölzernen Riegel der Haus- und Stuben- thüre zurück, trat an den Tisch und sagte in der freien Weise eines Forstmannes: Guten Abend! Der Herr Jesus kann heut nicht selber kommen und schickt mich statt Seiner. — Dann setzte er sich ohne Umstände auf die Bank an der Wand. Auch die Wittwe und ihr Sohn fragten nicht erst lange, wohin und oder woher? sondern der junge Müller reichte ihm einen sauberen hölzernen Löffel aus der Tischlade zu dem Mehlbrei und die Alte sagte: Esset so viel Euch beliebt, und thut, wie zu Hause. — Und während nun der Brei unter den langsam schöpfenden Löffeln immer tiefer fiel, wie das
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