1844 -
Darmstadt
: Ollweiler
- Hrsg.: Nister, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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befestigt. Hat das Gebäude seine oben angegebene Gestalt und
Größe erlangt, so werden die innern Thürmchen, mit Aus nab me
der Spitzen, weggenommen. Nur der untere Theil des Gebäudes
wird von den dasselbe bewohnenden Termiten eingenommen. Im
Innern gibt es zahllose Zimmer von verschiedener Gestalt und
Größe, einen Palast für die Königin, große Vorrathshäuser, Bogen
und Brücken über die Straßen, Treppen und zahllose unterirdische
Wege, wovon manche >2 Zoll im Durchmesser haben. Und die
Thierchen, welche diesen wundervollen Ban ausführen, sind kaum
V* Zoll lang. Mit Recht setzt ein Beobachter der Termiten eine
solche Termitenwohnung weit über die Pyramiden Aegyptens, sobald
man nämlich ans die verschiedene Größe der Erbauer beider
Monumente Rücksicht nimmt. Vergleichen wir die l2 Fuß hohe
Wohnung der Termiten mit der größten Pyramide Aegyptens,
die eine Höhe von 448 Fuß hat, so ist die Gröpe des Termiten,
die auf's Höchste y4 Zoll beträgt, in der Größe seiner Gebäude
zu 12 Fuß gerechnet, 576mal enthalten. Die Bewunderung steigt
noch, wenn man bedenkt, daß die Termiten ihre Erdwohnungen
innerhalb 3 bis 4 Jahren vollendet haben, die Aegypter hingegen
30 Jahre zur Vollendung ihrer Pyramiden verwendeten.
Das Hauptstück des Innern einer Termitenwohnnng, wozu
die Gänge führen , besteht in der großen Kammer für die Königin,
gleichsam ihrem Palaste. Fast genau in der Achse des Kegels
gelegen, ist sie aus glattem, festem Thone, wie ein Gewölbe ge-
bildet. Bei jungen Königinnen hält sie nur über einen Zoll im
Durchmesser, bei völlig erwachsenen bis auf 3 Zoll. Seitwärts
sind mehrere kleine Eingänge, rwnd gebohrte Löcher, jedoch gerade
von einer solchen Größe, daß sie nur einen einzigen kleinen Arbeiter
durchlassen. Der einmal darin eingekerkerten Königin ist es un-
möglich, ihre Zelle zu verlassen. Um diese sind viele Gemächer
angelegt, welche von der Dienerschaft der Königin, von den ihr
aufwartenden Arbeitern bewohnt werden; diese Kammern stehen
durch mehrere Oeffnungeu und Gänge mit einander in Verbindung.
Hieran stoßen die Magazine und Erziehungskammern .der jungen
Brut. Die Königin schwillt bei ihrer Schwangerschaft zu einer
erstaunlichen Stärke an, so daß sie wohl 2000mal dicker wird, als
sie vorher war, und legt dann binnen 24 Stunden an 80,000
Eyer. Die Arbeiter nehmen jedes einzelne Ey von ihr, tragen eö
in eine Zelle und verpflegen aus den Magazinen sowohl die Königin
als ihre zahlreiche Nachkommenschaft mit hinreichender Nahrung.
Um aber von einem Gange und den höher liegenden Behältnissen
bequemer zu den andern zu kommen, bauen die Arbeiter besondere
Brücken und Treppen, die in ihrer Art nicht weniger riesenmäßig
als die Gebäude selbst sind. Eine solche Brücke hält V- Zoll Dicke
und ist 10 Zoll laug.
Wenn man sich den Spaß macht und in eine solche Tcrmuen-
wohnung ein Loch hauet, so erscheint plötzlich ein sogenannter