1844 -
Darmstadt
: Ollweiler
- Hrsg.: Nister, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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464. Die Kauris.
Die Kauris, eine Art Porzellanschnecken, vertreten in mehreren
Gegenden Indiens und in einem großen Theile Afrikas die Stelle
der Scheidemünze, obgleich die dortigen Völkerschaften Gold, Silber
und andere Metalle genug haben. Im Innern Afrikas erhält man
für einen Speciesthaler 2000 Kauris, ein Huhn kauft man daselbst
für 4, ein Schaf für 600 und einen Stier für 2500 Kauris. In
Europa wurden diese Muscheln sonst zum Besetzen der Pferdege-
schirre gebraucht. Sie haben eine eiförmige, gelblich weiße Schale,
werden in großer Menge bei den Maldivischen und Lakedivischen
Inseln gefischt, und machen daselbst einen beträchtlichen Ausfuhr-
artikel aus, so daß von den Malviven jährlich 30 bis 40 Schiffs-
ladungen ausgeführt werden sollen. Die Kauris werden höchstens
1% Zoll groß und haben eine so glänzende Schale, als ob sie
lakirt wäre.
465. Räthsel,
Ich gehe alle Tage ans und bleibe dennoch stets zu Haus.
466. Die reisende Schnecke.
Wenn die Schneck' ans Reisen geht, wird zum 'Berg der
Maulwurfshügel, und der trägen Hummel Flug, brauset wie des
Sturmes Flügel.
467. Die Purpurschneke.
Der ehrliche Hund eines Hirten, sagt man, hat in der stach-
lichen Purpurschnecke, die in großer Menge an den Küstengegenden
des adriatischen und Mittelmeeres vorkommt, den Purpur entdeckt,
der bei den alten Völkern eine so gar hochgeachtete Farbe war.
Der Hund hatte eine solche Schnecke zerbissen, und war auf einmal
an der Schnauze schön roth gefärbt. Der Hirte dachte es wäre
Blut, wischte es mit Wolle ab, und die Wolle wurde so dauerhaft
purpurroth gefärbt und jeden Tag immer schöner, daß der Hirt
ganz aufmerksam wurde und die Entdeckung des Purpurs in der
Stachelschnccke machte. Dieser färbende Saft findet sich fast bei
allen Schncckenarten, in einem kleinen Beutelchen am Halse, nur
hat er bei der einen eine schönere Farbe als bei der andern, sieht
öfters anfangs, wenn er herausfließt, grünlich aus, und wird dann
erst roth. Da auch in jeder Purpurschnecke nur etwa ein Tröpflein
ist, gehörte eine ungeheure Menge dazu, um ein Kleid damit zu
färben, und die Purpurfarbe war höchst theuer. Die Leute bezahl-
ten das aber doch gern, denn viele haben die rothe Farbe ganz
besonders lieb, obgleich man bemerkt hat, daß sie für Menschen und
Thiere etwas Feindliches und Erschreckendes hat, und z. B. ein
Regiment roth gekleideter Soldaten auf Indianer einen viel furcht-
bareren Eindrücke mache, als ein Regiment grün gekleideter. Aber
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