1844 -
Darmstadt
: Ollweiler
- Hrsg.: Nister, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
489
Und Tausende beten: Belohne den
Muth! —
Und jauchzen: das Ziel ist errungen!
Hoch hält er empor die gerettete Brut,
Und es folget die Mutterden Jungen:
Und jubelnd von brennender Leiter er
springt,
Und jubelnd die Menge den Helden
umringt.
Und wo er jetzt wandelt, in Stadt
und im Land,
Ihm lohnende Blicke begegnen:
Es schütteln ihm Männer die kräftige
Hand,
Die Herzen der Frauen ihn segnen!
Ha! böt’ ihm ein König für das ei-
nen Thron,
Er lachte wohl über den ärmlichenlohn !
Es haben die Bück'er die männliche
Tkat
Mit Freuden der Nachwelt verkündet;
Doch—ungern erzähl' ich es—nie-
mand noch bat
Den Namen des Thäters ergründet:
Doch fehlt uns darüber auch jeder
Bericht,
So fehlt er im Buch der Vergeltung doch
nicht!
536. Der Kranich.
Die Heimath der Kraniche, wo sie brüten, ist das nördliche
Europa, Norddeutschland, das südliche Schweden, Rußland und
Sibirien bis zum Lena, aber nicht in Kamtschatka und nicht am
Eismeer; sie ziehen des Winters nach dem südlichen Asien, Griechen-
land -und Afrika und bleiben nicht einmal in Italien. Hier kom-
men sie im März in größerer Menge an als im December. Sie
fliegen auf ihrem Zuge hoch über den Wolken, so daß man nur
ihr Geschrei von Zeit zu Zeit wahrnimmt, und bilden eine gerade
Linie, welche sich hinten spaltet, ganz wie ein bei starkem Wind
oder von einem Adler gestört, sammeln sie sich aber in einen Kreis.
Setzt sich der Trupp, um auszuruhen oder zu fressen, so steht eine
Wache an einem erhöhten Ort, welche ein Zeichen durch ihren Nus
gibt. Daher ist die Wachsamkeit des Kranichs schon bei den Alten
berühmt. Die Schildwache soll mit den Zehen des aufgehobenen
Fußes einen Stein halten, damit er niederfalle, wenn sie etwa
einschliefe. Von da ziehen sie nordwärts und kommen bei uns im
April an, und zwar gewöhnlich während der Nacht, indem sie unter
Tags in einem einsamen Sumpfe Halt machen und unaufhörlich
mit einander plaudern. Ein Zug besteht oft aus etlichen Hunderten
und setzt über die höchsten Gebirge. Ihr Gang ist ernsthaft und
bedächtig wie beim Storch; doch sind sie manchmal sehr lustig,
springen tanzend herum und> werfen Splitter und Steine in die
Luft, als wenn sie sie auffangen wollten. Ihre Nahrung besteht
aus Würmern, Schnecken, Fröschen, Schlangen, Eidechsen und
Mäusen, auch aus Körnern, Beeren und der grünen Saat, wo
sie machmal schädlich werden, besonders in Erbsen und Bohnen.
Sie brüten lieber in kältern als wärmern Gegenden, eigentlich
m den großen Niederungen von ganz Europa, und daher nicht im
südlichen Deutschland; viel aber im nördlichen und in Holland.
Sie legen nur zwei grauliche und braungefleckte Eyer in Büsche
von Binzen oder Erlen und brüten 4 Wochen. Die Jungen laufen
sehr bald davon und so schnell, daß sie ein Mensch kaum einholen
kann. In Rußland werden sie gegessen und die Jungen sogar zu
Gastereien benutzt, bei den Kalmücken und Mongolen dagegen wird
der Kranich für heilig gehalten; er soll mit ausgespannten Flügeln