Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Lebensspiegel für Landleute - S. 617

1844 - Darmstadt : Ollweiler
617 Hat keine Noth, sprach der Förster, halte nur die Luft, so viel als möglich, ab, ohne das Faß allznfe-st zu verspunden; zapfe das Klare zur rechten Zeit von der Hefe und verlange nicht, daß der junge Wein schon eben so klar sein soll als ein alter. Ach, wäre doch mein Junge wie deiner! aber dem scheint leider! das Geistige zu mangeln, setzte er mit einem Seufzer hinzu. Sie standen eben vor einem großen Kornhaufen; da griff der Pachter hinein und hielt seinem Bruder eine Hand voll vor die Nase. „Riechst du nichts an der Frucht?" fragte er ihn. Nichs als den gewöhnlichen schwachen Fruchtgeruch, war die Antwort. Aber versuche nun auch ein Paar Körnchen, fuhr der Pach- ter fort. Auch der Geschmack ist vollkommen rein, urtheilte der Förster. Du hältst doch nicht gar die schöne Frucht für verdorben? Ja nun zum Brote mag sie gut genug seyn, sagte der Pachter; aber sie ist zum Branntwein bestimmt, und ich rieche und schmecke so wenig Geistiges an ihr, als Du an deinem Wilhelm. Bist du noch immer der alte Gleichnißkrämer? fragte weh- müthig lächelnd der Förster. Sage mir aber auch, welche Hefe ich anwenden soll, um in dem lebenden Maischbottich den Geist zu entwickeln. Bei deinem Fritz scheint es der Brennerkünste nicht zu bedürfen. Und doch fragt es sich, antwortete der Vater , in welchem von beiden sich der stärkste Geist entwickeln wird. Lache nicht, wenn ich den Kopf meines Fritz mit einem Fasse voll gährendem Most, und den deines Wilhelms mit einem Sacke voll Korn oder Waizen vergleiche. Der süße Most sängt von selbst an, seinen Geist zu entwickelu; in der Frucht muß er erst durch künstlichen Gährstoff erregt werden; in beiden aber ist er doch vorhanden.-----------Bei diesen Worten stand er in Gedanken versunken eine Minute lang still und fuhr dann fort: Mir fährt ein Vorschlag durch den Kopf. Wie wär' es, wenn wir auf gemeinschaftliche Kosten, die beiden Jungen einem tüchtigen Lehrer übergäben, der sich darauf ver- steht , den klaren Wein bei dem einen von der unbändigen Hefe abzuzapfen, und dem andern ein ähnliches Gärungsmittel zu- zusetzen? Der Tausendkünstler sollte mir willkommen sein, sagte der Förster, aber wo finden wir ihn? Ganz in meiner Nähe, erwiederte der Pachter; es fragt sich nur, ob er auf den Antrag eingehen wird. Ist das, und bist du es zufrieden, so lade ich ihn und meinen Fritz mit Sack und Pack zu dir in meinen Wagen und lasse euch mit einander in dein Forst- hans bringen. Du gibst Wohnung und Kost; ich bezahle das baare Geld und schaffe für beide Kinder die nöthigen Lehrmittel an. Der Förster ergriff das Erbieten mit beiden Händen, und der gewünschte Lehrer war bereit, für das Geld, welches der Pachter
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer