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1. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 82

1867 - Rostock : Hirsch
82 Vor der Stadt Antiochia, die mit einer zweifachen Mauer und vierhundert Thürmen umgeben war, lagen sie volle neun Monate, ehe sie dieselbe erobern konnten. Da wurde die Noth im Lager- groß und erreichte solche Höhe, daß Leder, Baumrinde und das Fleisch der gefallenen Thiere gegessen wurde und viele Menschen vor Hunger starben. Wunder des Muthes und der Tapferkeit wurden dort gethan, wie sie nur die größten Helden der Vorzeit ausgerichtet haben. Vor allen ragte Gottfried durch unerschütter- liches Gottvertrauen und unbezwinglichen Heldensinn hervor. Einst hatte er einen Zweikampf mit einem riesigen türkischen Reiter. Eine Zeit lang hatte der Kampf gedauert, ohne daß eine Entscheidung erfolgt war; da holte der Türke zu einem fürchterlichen Schlage aus iinb hieb mit einem einzigen Hiebe den Schild des Christen mitten durch, daß er in zwei Stücken zur Erde siel. Nun hob sich Gottfried hoch empor in den Bügeln und schwang mit beiden Hän- den sein Schwert durch die Luft, daß es sauste und pfiff. Auf die linke Schulter des Türken fuhr das Schwert nieder und ging schräge durch die Brust hindurch, bis es an der rechten Hüfte wieder her- auskam. „Zur Rechten sah man, wie zur Linken einen halben Türken niedersinken. Da saßt die andern kalter Graus: sie fliehen in alle Welt hinaus." Nach nenn Monaten bekamen sie die Stadt in ihre Gewalt. Ein grausiges Gemetzel begann in den Straßen, als die Christen eindrangen. Nicht Kinder, noch Greise, nicht Kranke noch Schwache wurden verschont. Alles, was sich sehen ließ, wurde niedergemacht, zur Rache für das Elend, welches die Belagerer vor den Mauern erdnldet hatten. Von Antiochien ging der Marsch weiter nach Jerus al em. Am 6. Juni 1099 sahen sie von einer Anhöhe herab die Stadt Gottes im Glanze der Abendsonne vor sich liegen. Da fielen die müden und abgezehrten Krieger auf ihre Kniee, sangen Lob- und Danklieder und priesen Gott mit Thränen der Freude, daß er sie gewürdigt hatte, die heilige Stadt mit Augen zu sehen. Sie hätten gerne sogleich den Sturm unternommen; aber das wäre Vermessen- heit gewesen. Jerusalem war stark befestigt und mußte regelrecht eingeschlossen lind belagert werden. Nach einigen Wochen waren die Vorkehrungen getroffen, und der Sturin konnte beginnen. Mit beispiellosem Muthe griffen die Christen an; mit einer Todesver- achtung, die aus dem Glaubeil kam, daß sie sich den Himmel ver- dienten, gaben sie ihr Lebeil preis; Berge von Leichen häuften sich ans; aber der Abend kam heran, und die Christen mußteil zurück- gehen, ohne das Geringste erreicht zu haben. Am folgenden Tage, den 15. Juli, wurde der Kamps von bei- . den Theilen, wo möglich mit noch größerer Wuth erneuert. Auch
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