1867 -
Rostock
: Hirsch
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
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Der ließ den Schwaben vor sich kommen.
Er sprach: Sag an, mein Ritter werth!
Wer hat dich solche Streiche gelehrt?
Der Held bedacht sich nicht zu lang:
Die Streiche sind bei uns im Schwang,
Sie sind bekannt im ganzen Reiche.
Man nennt sie halt nur Schwabenstreiche.
14. Wie die Macht de« Papstes anfängt zu sinken.
In einem Kriege zwischen den Engländern und Franzosen wollte
der damalige Papst Bonifacius Frieden stiften. Das hätte ihm allerdings
wohl angestanden. Aber er kam nicht als der Bote Gottes , der den
Frieden verkündigt, sondern als der Herr, der seinen Untergebenen be-
fiehlt: „Jetzt lasst das Streiten sein!“ Darob wurde der König Philipp
von Frankreich so aufgebracht, dass er barsch antwortete, er sei nicht
gewohnt, Befehle anzunehmen, und zugleich allen Franzosen verbot, fer-
ner Zins oder Geschenke an den Papst zu geben. Bonifacius that jetzt
den König in den Bann. Philipp aber liess die Bannbulle unter Trom-
melschlag in Paris verbrennen und sammelte in Italien eine Schar ver-
wegener Leute, welche den Papst überfallen und gefangen nehmen muss-
ten. Zwar wurde Bonifacius durch das Volk wieder befreit; jedoch
starb er noch in demselben Jahr aus Gram über die erlittenen Beleidi-
gungen. Dies war das erste Zeichen, dass die Päpste in den Herzen der
Gläubigen ihre Macht verloren hatten.
Von nun an ging es mit Windeseile bergab. Der neue Papst, bis-
her ein französischer Bischof, zog es vor, in Frankreich zu bleiben.
Seinen Sitz nahm er in der Stadt Avignon. Vergebens erklärten die
Römer, dass der Papst dort wohnen müsse, wo der heilige Petrus gelebt
habe: jener war nicht mehr im Stande, sich aus der Abhängigkeit von
dem geizigen und gewaltthätigen König Philipp zu befreien. Siebcnzig
Jahre lang haben die Päpste unter Vormundschaft der französischen
Könige in Avignon gelebt und ihre geistliche Gewalt zum Vortheil der
Franzosen gebraucht. Endlich wurden die Römer der Sache überdrüssig
und wählten selbst einen Papst, der seinen Wohnsitz wieder in Rom
nahm. Aber nun hatte die Kirche zwei Päpste, die noch dazu in bitterer
Feindschaft mit einander lebten. Um diesem Übel abzuhelfen , wurde
im Jahre 1-409 eine grosse Kirchenversammlung in Pisa gehalten , auf
welcher beide Päpste abgesetzt und ein neuer gewählt wurde. War es
nicht schon arg gewesen , so wurde es jetzt arg. Denn da keiner von
beiden weichen wollte , erlebte die Christenheit das Ärgerniss , dass
zu gleicher Zeit drei Statthalter Christi auf Erden waren, die sich gegen-
seitig mit Bann und Fluch belegten. Diesem unglaublichen Unfug wurde
zwar auf der Kirchenversammlung zu Konstanz 1417 ein Ende gemacht;
allein der Papst war in den Augen der Christen inzwischen zu tief ge-
sunken , als dass er je hätte das frühere Ansehen wieder gewinnen kön-
nen. Was aber die letzte Spur von Achtung gegen den Papst vernich-
tete, war dies, dass eine Reihe der nichtswürdigsten Kreaturen nach ein-
ander Petri Stuhl bestieg; Papst Johann war früher Seeräuber gewesen;