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1. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 124

1867 - Rostock : Hirsch
124 geld nicht reichte, halfen freiwillige Gaben aus. Und solche gingen durch Gottes Gnade stets ein, nach dem noth war. Francke nahm oft mit Schmerzen wahr, daß der gute Same, der in der Schule in die Herzen der Kinder gestreut war, außer der Schule wieder zertreten wurde, namentlich bei solchen Kindern, die keine Eltern mehr hatten. Es war klar: sollte nicht alle Ar- beit unnütz sein, so mußte hier noch in anderer Weise Rath ge- schafft werden. Und siehe, der Herr, der schon hört, noch ehe wir rufen, half über Erwarten schnell. Denn kaum hatte Francke die Sache in ernste Erwägung genommen und Gott im Gebete ans Herz gelegt, so wurden ihm 500 Thlr. zugeschickt, mit der Bestim- mung, daß von den Zinsen ein Waisenkind christlich erzogen wer- den solle. Nun kam es nur noch darauf an, dasjenige Kind zu bestimmen, dem die Wohlthat zu Theil werden sollte. Aber das war ein saures Werk. Es wurden ihm sogleich vier Kinder ge- meldet und am andern Tage noch eins und dann wieder eins, bis im Umsehen neun Kinder da waren, die alle der Hülfe gleich bedürftig schienen. Als Francke dies sah, hat er nicht, wie Mailand Philippus that, lange gerechnet, sondern hat an den reichen Gott gedacht, dem alles Silber und Gold der Erde gehört, und der verheißen hat: „Bittet, so werdet ihr nehmen." Dann hat er die neun Kinder sammt und sonders aufgenommen und bei rechtschaffe- nen Leuten ausgethan, daß sie christlich anferzogen würden. Und der Herr hat seinen Knecht nicht beschämt. Denn noch im Laufe des Winters erhielt Francke so große Gaben, daß er im Frühling ein eigenes Haus kaufen konnte, worin er seine Armenschule nebst achtzehn Waisen bequem unterbrachte. Ja, als die Zahl der Zög- linge sich fortwährend mehrte, entschloß er sich in Gottes Namen, ein Grundstück vor den Thoren der Stadt zu kaufen und ein großes Schul- und Waisenhaus darauf zu bauen, wiewohl er nicht so viel in Händen hatte, daß er auch nur ein kleines Haus hätte erbauen können. Am 24. Juni 1698 legte er den Grundstein zu dem Gebäude. Nun ging zwar die Zeit der Noth an, aber auch die Zeit der Danksagung. Wie oft geschah es, daß Hunderte essen wollten, und kein Pfennig war im Hause! daß die Handwerker Zahlung begehrten, und die Kaffen waren leer! Aber Gott half immer ans, ob er schon oft seine Gaben zubröckelte, wie man den Küch- lein das Brot zubröckelt. Einst will der Verwalter 50 Thlr. ha- den, um die Arbeiter bezahlen zu können. Francke antwortet: „Ich habe kein Geld; aber Gott hat was." Und als die Stunde des Zählens kommt, bringt ein Student ihm 30 Thlr. Ein an- der Mal soll der Verwalter am Abend 100 Thlr. auszahlen und meldet dies, weil es eine große Summe ist, schon am Morgen des
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