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1. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 188

1867 - Rostock : Hirsch
188 fäiignisse der englischen Regierung füllen, der Kaste der Brahminen angehört. Ihnen ziemlich nahe steht die Krieg er käst e, welcher gewöhn- lich die Könige angehören. Tief unter diesen stehen die W aisyas, welche großentheils Kaufleute und Landbebauer sind, und endlich die Sud ras, aus welchen viele Handwerker und Dienstboten hervorgehen. Was nicht zu diesen vier Kasten gehört, ist Pariah oder kastenlos und wird als unrein angesehen und mit unerhörter Verachtung behandelt. In den verschiedenen Gegenden treten die Kasten sehr verschie- den auf. Im Süden z. B., wo die zweite und dritte Kaste fast ganz fehlen, rücken die Sudras an die Brahminen hinan. Dort erscheinen die Pariahs fast noch als Kaste und halten sich berechtigt, mit Verachtung auf die tief unter ihnen stehenden leibeigenen Knechte, sowie auf die Gerber und Schuster hinabzusehen, welche für unrein gelten, weil sie mit dein für unrein gehaltenen Leder hantieren. Die Hauptkasten theilen sich wieder in Unterkasten, deren jede, wiewohl ihre Zahl sich an die 3000 belaufen mag, ihren besondern Beruf und genau bestimmte Arbeit hat. Das Mädchen, das das Essen kocht, wäscht nicht die Teller ab, und der Knecht, der die Pferde futtert, striegelt sie nicht, und der sie striegelt, fährt sie nicht. Ja: die Kaste kommt der Mensch nur durch die Geburt hinein: kein Reichthum, keine Kenntnisse, kein Verdienst hebt einen in eine höhere Kaste; mancher Sudra ist ein reicher Mann, und mancher Brahmine geht betteln. Wer wegen eines Vergehens aus der Kaste gestoßen ist, ist für die Seinigen so gut, als todt. Niemand darf in eine andere Kaste hineinheirathen, niemand mit einem Menschen aus einer crndern Kaste zusammensitzen, oder in demselben Hause wohnen, oder gar in demselben Raume essen. Daher müssen die Hausdiener, welche in der Nähe der Herrschaften zu thun haben, niit dieser zu derselben Kaste gehören. Der Brahmine wird schon unrein, wenn der Schatten eines Pariah ihn streift oder der Athem eines Sudra ihn trifft. In einem und demselben Dorfe sind die Nachbarn einander ganz fremd, wenn sie verschiedenen Kasten an- gehören; sie dürfen nicht einmal aus demselben Brunnen Wasser schöpfen. Auf Reisen hat jeder sein Kochgeschirr gerne bei sich, damit er nicht unwissend sich verunreinige, wenn er etwa ein Gefäß bekommt, welches ein Mensch aus einer andern Kaste mit seinen Lippen berührt hat. Ein Fremder kann am Wege verschmachten; niemand hilft ihm, weil man nicht weiß, aus welcher Kaste jener ist, und ob man nicht durch die Berührung des Armen sich verun- reinigen würde. Die Kaste ruht wie ein Fluch auf den: unglück- lichen Volke, das pflichtschuldigst für einen Menschen aus einer andern Kaste kein Herz und keine Theilnahme haben darf.
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