1867 -
Rostock
: Hirsch
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
232
werden Legionen herausspringen.“ Und wie schnell wurde die Gross-
sprecherei zu nichte ! Auf die blosse Nachricht, dass Cäsar anrücke,
floh Pompejus mit seinem Anhange nach Unteritalien und von da übers
Meer und fand nicht eher Ruhe , als bis er den griechischen Boden er-
reicht hatte. Cäsar war in 60 Tagen Herr von Italien. Bald darauf ging
er nach Griechenland, wo Pompejus inzwischen ein Heer gesammelt hatte.
Bei Pharsalus in Thessalien kam es zu der entscheidenden Schlacht.
Mit seinen abgehärteten Legionen, in denen viele Deutsche dienten, er-
focht Cäsar einen glänzenden Sieg über die jungen Truppen , die ihm
gegenüber standen. Noch hatte Pompejus eine starke Flotte und ein
grosses Heer in Afrika , mit dem er nicht ohne Hoffnung den Kampf
hätte fortsetzen können. Aber als hätte er den Kopf verloren, floh er
nach Ägypten, Schutz zu suchen bei dem dortigen jungen Könige, dessen
Vater durch ihn auf den Thron gekommen war. In Ägypten fürchtete
man den siegreichen Cäsar. Um sich ihm gefällig zu zeigen, stellte sich
der König, als wolle er den flüchtigen Pompejus aufnehmen, und liess ihn,
als er eben das Land betrat, hinterrücks ermorden. Ohne einen Laut
von sich zu geben, hüllte dieser sein Angesicht in seinen Mantel und fiel
todt zur Erde. Cäsar war jetzt in der That Herrscher über Rom und
über den Erdkreis.
1« Octaviaiius Aug-iistiis.
Cäsar erfreute sich der Herrschaft nicht lange. Im Jahre 44 vor
Christi Geburt wurde er ermordet. Zum Haupterben seines Vermögens
und seiner Macht hatte er seinen Grossneffen 0 c t a v i a n eingesetzt. Die-
ser war noch ein Jüngling von 18 Jahren, besass aber eine Besonnenheit,
Kraft und Umsicht des Geistes, wie sie nur ein erfahrener Mann zu haben
pflegt. Die Gunst des Volkes suchte er durch reichliche Spenden sich
zu erwerben. Von den alten Soldaten seines Oheims schlossen sich viele
an ihn an. Aber ausser ihm hatte sich noch ein anderer, Antonius,
die Gunst des Volkes zu verschaffen gewusst und trachtete ebenfalls nach
der Herrschaft. Da beide Leute einsahen, dass jeder einzeln zu schwach
sei, sich die Herrschaft zu erkämpfen, hielten sie es für nützlich, einst-
weilen sich zu verbinden , um erst ihre gemeinschaftlichen Feinde , die
Mörder des Cäsar , zu vernichten. Zu dem Ende zogen sie mit ihren
vereinigten Heeren gegen Rom. Aber wie entsetzlich führten sie ihr
Werk aus ! Lange Listen von Leuten , die gemordet werden sollten,
wurden aufgesetzt. Wie Bestien stürzten die Soldaten in die Häuser
der Bezeichneten , um deren Köpfe zu holen ; denn auf die Köpfe der
Geächteten waren Belohnungen gesetzt. Tage lang dauerte das Morden ;
Tag und Nacht hörte man das Angstgeschrei derer , die ihren Henkern
in die Hände gefallen waren. Wer einem Verurtheilten Hülfe leistete,
wurde selbst am Leben gestraft. Das gab schreckliche Auftritte: aus
Angst verriethen Freunde ihre Freunde, Kinder ihre Eltern, Schwestern
ihre Brüder. Es war ein Elend, wie Rom es noch nicht erlebt hatte.
Als in Italien sattsam gewüthet zu sein schien , gingen die beiden
Blutmenschen nach Griechenland hinüber, wo Brutus, einer der Mörder
Cäsars , inzwischen ein grosses Heer gesammelt hatte. Bei der Stadt
Philip pi in Macédonien trafen sie auf einander. Es wurde von beiden
Seiten mit grosser Erbitterung gefochten ; aber endlich unterlagen die
Republikaner; Brutus gab sich selbst den Tod.
Octavian und Antonius waren jetzt unbestritten die alleinigen Herren.
Ersterer ging nach Rom zurück, letzterer aber ins Morgenland und er-