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1867 -
Rostock
: Hirsch
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
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Boden auf; der Sturm heulte schauerlich durch den Wald und riß
große Bäume mit der Wurzel aus der Erde; die Feinde umschwärm-
ten das Heer und griffen es unaufhörlich an. Unter unsäglichen
Beschwerden gelangte Varus bis in den Teutoburger Wald.
Hier sah er sich plötzlich umzingelt und von allen Seiten angegriffen.
Drei Tage ititb drei Nächte lang kämpfte er mit seinem ermatteten
Heere muthvoll gegen die Feinde imb die Elemente an. Als er
sieht, daß alles verloren und nirgends eine Hoffnung zur Rettung
zu entdecken ist, stößt er sich in Verzweiflung das Schwert in die
Brust, um nicht lebend in die Hände der Deutschen zu fallen. Nur
wenigen von dem Heere gelang es, zu entfliehen und die Trauer-
kunde an den Rhein zu bringen. Die meisten wurden auf der Stelle
niedergehauen. Von den Gefangenen wurden einige den Göttern
geopfert, andere zu niedriger Knechtschaft verurtheilt. In Rom
brachte die Nachricht von der erlittenen Niederlage solchen Schreck
hervor, daß man die siegreichen Deutschen in jedem Augenblick vor
den Thoren zu sehen fürchtete und Augustus selbst wie besinnungs-
los im Zimmer umherlief und schrie: „Varus, Varus, gieb mir
meiue Legionen wieder!" Aber die Deutschen erschienen nicht. Sie
wollten nicht erobern, sondern nur ihr Land von den Fremden be-
freien und waren zufrieden, daß sie wieder ungestört nach heidni-
scher Sitte in ihren Wäldern leben durften.
Sechs Jahre darauf drang von neuem ein römisches Heer bis
in den Teutoburger Wald. Mit Entsetzen sah man die gebleichten
Gebeine, die dort in großer Zahl umherlagen. Tief erschüttert
bestatteten di» Römer die Reste ihrer gefallenen Brüder und zogen
sich dann eilig an den Rhein zurück; deuu Hermann kam mit seinen
Scharen heran, um den verhaßten Fremdlingen das Schicksal des
Varus zu bereiten. Seit dieser Zeit haben die Römer wohl noch
einzelne Züge nach Deutschland unternommen; aber festen Fuß
haben sie über Donau und Rhein hinaus nicht fassen können. Der
größte Theil unseres Vaterlandes blieb frei. Und das hat einen
Gewinn gebracht, der uns bis heute zu gute kommt. Überall, wo
die Römer herrschten, suchten sie ihre Sprache und ihre Sitten
einzubürgern. Ein ähnlicher Versuch war in Deutschland in vollem
Gange. Durch den Sieg des Hermann über Varus ist die Gefahr
abgewandt und deutsche Sprache und deutsche Art uns erhalten
worden. Die erhalte Gott unserm Volke bis in die fernste Zeit!
Über das folgende Leben Hermanns ist wenig bekannt. Seine
Frau Thusnelda flel den Römern in die Hände und soll ihr Leben
lang in Knechtschaft gehalten worden sein. Hermann aber hat
durch die Hand seiner eigenen Verwandten den Tod gefunden. In
den Gesängen wurde er noch lange von seinem Volke gepriesen.